Rang 1
Wald von Doris Knecht
Eine Frau alleine in einem abgelegenen Haus in den Voralpen: Marian musst primitiv, in unfreiwilliger Autarkie, denn sie hat alles verloren. Früher, in der Stadt, hatte Marian Mode entworfen und lebte gut, dann trieben die Krise und eigene Fehler sie in den Bankrott, zum völligen Rückzug. Aber der Versuch, im geerbten Haus wieder zu sich zu finden, wird für Marian zum Überlebenskampf. Mühsam lernt sie, sich zu versorgen, sie fischt, wildert, stiehlt Gemüse und Hühner. Und sie muss sich arrangieren, in neuen Abhängigkeiten: der Grundbesitzer Franz versorgt sie mit dem Nötigsten - nicht ganz uneigennützig. Im Dorf feindet man die Aussenseiterin immer mehr an. Als sie beschimpft und bedroht wird, muss Marian sich den Dingen stellen. Was ist das nun mit Franz? Und wie kann sie ihr Leben wieder in den Griff bekommen?
Stückweise enthüllt der Roman Marian Sturz, schnell und unverblümt erzählt er, wie sie sich in ihrem neuen, archaischen Leben zu behaupten lernt.
Fazit: Doris Knecht findet nicht nur einen unverwechsel-baren Ton, sie erzählt auch auf mitreissende Weise davon, wie es ist, wenn man sein schönes Leben auf einen Schlag verliert. Unbedingt Lesen!
Rang 2
Löwen wecken von Yelet Gundar-Goshen
Ein Neurochirurg überfährt einen illegalen Einwanderer. Es gibt keine Zeugen, und der Mann wird ohnehin sterben -
warum also die Karriere gefährden und den Unfall melden? Doch tags darauf steht die Frau des Opfers vor der Haustür des Arztes und macht ihm einen Vorschlag, der sein geordnetes Leben komplett aus der Bahn wirft.
Wie hätte man selbst in einer solchen Situation gehandelt? Diese Frage schwebt über dem Roman, der die Grenzen zwischen Liebe und Hass, Schuld und Vergebung und Gut und Böse meisterhaft auslotet.
Fazit: Dieser Roman ist für mich ein richtiger Pageturner mit Tiefgang. Immer wieder muss man sich selbst befragen, wie hätte ich in einer solchen Situation gehandelt und oft weiss man nicht mehr was jetzt „Richtig“ ist. Die Protagonisten lügen, bereuen und verlieren sich was das Zeug hält. Immer wieder kommt die Frage nach Schuld und Sühne auf und wie viel ist ein Menschenleben wert. Das Ende des Buches lässt einem nachdenklich zurück. Ein tolles Buch, unbedingt lesen!
Rang 3
Mauersegler von Christoph Poschenrieder
Wir hatten immer gedacht, wir würden mit dem Sterben und dem Tod vernünftig umgehen. Nicht nur vernünftig, sondern lässt-nonchalant, so wie wir unsere Leben geführt hatten...
Fünf alte Freunde wagen ein Experiment. Sie gründen zusammen eine WG in einem schönen Haus mit Seeblick und schliessen einen Pakt: Jeder von ihnen soll seebestimmt werben können - und die anderen helfen ihm dabei. Aber vorerst geniessen sie ihren Ruhestand. Sie rauchen, trinken, essen, was und wann sie wollen, leben frei und ohne Kontrolle durch Ehefrauen oder Altenheimpersonal. Als dann für den Ersten unter ihnen ernst wird, aktivieren sie das "Todesengelprogramm", das der Computercrack der WG ausgetüftelt hat. Und sie engagieren eine kirgisische Pflegekraft - die allerdings ihre ganz eigenen Ideen hat, wie sie die Villa wieder mit Leben erfüllen kann.
Fazit: Ein ernstes Thema, mit Spass formuliert, das bewegt und zum Nachdenken anregt.
Rang 4
Vom Ende der Einsamkeit von Benedict Well
Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind: Man weiss nie, wann er zuschlagen wird. Jules und seine beiden Geschwister wachsen behütet auf, bis ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben kommen. Als Erwachsene glauben sie, diesen Schicksalsschlag überwunden zu haben. Doch dann holt sie die Vergangenheit wieder ein.
Ein berührender Roman über das Überwinden von Verlust und Einsamkeit und über die Frage, was in einem Menschen unveränderlich ist. Und vor allem: eine grosse Liebesgeschichte.
Fazit: Vor allem stiltechnisch ist "Vom Ende der Einsamkeit" ein sehr gelungener Roman. Wer zu dem Buch greift sollte sich jedoch darauf gefasst machen, dass die Story doch auch etwas kitschig ist. Doch wer emotionale Bücher mit Charakter mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Ich fand das Buch sogar spannend.