bücher gelesen 2022 

 

48.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Lange Schatten über Spanien

von Max Wiederkehr, S 196 

 

Durch einen Zufall entdeckt der Erzähler ein Notizheft seines Onkels Jobin, in dem dieser seine Erlebnisse im Spanischen Bürgerkrieg niedergeschrieben hat. Der Berner André Jobin war im Juli 1936 nach Barcelona gereist, um an der Volksolympiade teilzunehmen. Vom Militärputsch überrascht, wurde er in die Gefechte verwickelt und schloss sich der Miliz im Kampf gegen die Putschisten unter General Franco an. In seinen Erinnerungen schilderte der Onkel den Verlauf und die Brutalität des Krieges, den er in verschiedenen Stationen bis zu dessen Ende 1939 oft an vorderster Front miterlebte. Und er zeigte auf, wie sich die offizielle Schweiz den Kriegsparteien und schliesslich auch ihm selbst gegenüber verhalten hat. Die Geschehnisse werfen bis heute lange Schatten und holen die Gegenwart des Erzählers in ungeahnter Weise ein.
Der Roman über den fiktiven Spanienkämpfer Jobin steht stellvertretend für all die wirklichen Geschichten und Schicksale der rund 800 Männer und Frauen aus der Schweiz, die sich für die Zweite Spanische Republik unter Einsatz ihres Lebens den franquistischen Truppen entgegengestellt haben.

 

 

47.

Deutsche Literatur 🇩🇪

Jahre mit Martha

von Martin Krodic, S 288

 

Das zarteste Buch, das ich seit einer Ewigkeit gelesen habe …Monika Helfer

Željko, der von allen »Jimmy« genannt wird, ist fünfzehn, als er sich in Martha verliebt. Sie ist Professorin in Heidelberg, er lebt mit seinen Eltern und Geschwistern zu fünft in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Martha hat, was Željko sich sehnlichst wünscht: Bücher, Bildung und Souveränität. Mit Martha besucht er zum ersten Mal ein Theater, sie spricht mit ihm, wie sonst niemand mit ihm spricht. Mit Marthas Liebe wächst Željkos Welt. Doch welche Welt ist es, die er da betritt und wen lässt er dafür zurück? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Begehren und Ausbeutung? 

Ein zärtlicher und mitreissender Roman über Machtverhältnisse und über die Frage nach dem Gleichgewicht der Welt.

»Wie macht er das nur? Dass in dieser Liebesgeschichte all das erzählt wird, was es über das ›Einwanderungsland Deutschland‹ zu sagen gäbe, all die Hierarchien, Schmerzen und Spuren, herrlich beiläufig und furchtlos zielgenau.« Lena Gorelik

Fazit: unbedingt lesen, geht ans Herz.

 

46.

Britische Literatur 🇬🇧

Das verlorene Paradis *

von Abdukrazak Gurnah, S 336 

 

Ostafrika, Anfang des 20. Jahrhunderts: Der zwölfjährige Yusuf führt mit seiner Familie ein einfaches Leben auf dem Land. Als der Vater sich mit seinem kleinen Hotel verschuldet, wird Yusuf in die Hände von Onkel Aziz gegeben und landet im lebhaften Treiben der Stadt, zwischen afrikanischen Muslimen, christlichen Missionaren und indischen Geldverleihern. Die Gemeinschaft dieser Menschen ist alles andere als selbstverständlich und von subtilen Hierarchien bestimmt. Yusuf hilft in Aziz‘ Laden und bei der Pflege seines paradiesisch anmutenden Gartens. Doch als der Kaufmann ihn auf eine Karawanenreise ins Landesinnere mitnimmt, endet Yusufs Jugend abrupt. Die gefährliche Unternehmung bringt Krankheit und Tod und zeigt allen Teilnehmern schmerzhaft, dass die traditionelle Art des Handels keine Zukunft mehr hat. Was Yusuf erlebt, lässt ihn erwachsen werden. So verliebt sich der junge Mann nach seiner Heimkehr kopfüber, aber er und alle um ihn herum werden brutal mit der neuen Realität der deutschen Kolonialherrschaft konfrontiert. Einfühlsam, lebendig und in leichtem, humorvollem Ton, erzählt Abdulrazak Gurnah in »Das verlorene Paradies« vom Erwachsenwerden in Zeiten des kolonialen Umbruchs.

 Fazit: ich habe das Buch nicht fertig gelesen, da eher langweilig geschrieben.

 

 

45.

Spanische Literatur 🇪🇸

Mein Herz so weiss

von Javier Marias, S 352 

 

Erbarmungslos und genau untersucht Javier Marías in seinem internationalen Bestseller ›Mein Herz so weiss‹ die Macht uneingestandener Vergangenheit. Für Juan, der als Dolmetscher ständig zwischen New York, Genf und Madrid pendelt, ist das Leben seines Vaters ein ungelöstes Rätsel. Als er selbst heiratet, stellt er sich dem, was er nicht wissen will: Direkt nach der Hochzeitsreise seines Vaters erhob sich seine erste Frau vom Tisch, nahm eine Pistole und erschoss sich im Badezimmer. Später heiratete der Witwer ihre Schwester, Juans Mutter. Der Roman zeigt Javier Marías als Meisterdetektiv des menschlichen Herzens, seiner dunklen Seiten und verborgenen Winkel. Verschwiegenheit kann bequem sein, aber sie fordert ihren Preis. Die Schärfe seiner Beobachtungen und die Eleganz seines Stils machen den Roman zu einem Klassiker der Moderne.

Fazit: ein faszinierendes Buch, es braucht Ausdauer um die langen Sätze des Autors zu lesen, mir hat es gefallen.

 

 

44.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Der Rote Diamant

von Thomas Hürlimann, S 320 

 

»Pass dich an, dann überlebst du«, bekommt der elfjährige Arthur Goldau zu hören, als ihn seine Mutter im Herbst 1963 im Klosterinternat hoch in den Schweizer Bergen abliefert. Hier, wo schon im September der Schnee fällt und einmal im Jahr die österreichische Exkaiserin Zita zu Besuch kommt, wird er zum »Zögling 230« und lernt, was schon Generationen vor ihm lernten.

Fazit: von diesem Roman habe ich überhaupt nichts richtig verstanden. Trotzdem zu Ende gelesen.

 

 

 

43.

Deutsche Literatur  🇩🇪

Es wird Zeit *

von Ildiko Kürthy, S 384 

 

«Was soll jetzt noch kommen?» Judith ist fast fünfzig, und auf diese Frage fällt ihr leider keine zufriedenstellende Antwort ein. Die Kinder sind gross, ihr Mann ist in die Jahre gekommen und das Leben auch. Von der Liebe und dem Bindegewebe mal ganz zu schweigen. Dann stirbt ihre Mutter, und Judith kehrt nach zwanzig Jahren in die alte Heimat zurück, wo sie ein gut gehütetes Geheimnis, ein leeres Grab und einen Haufen Hoffnungen, Träume und Albträume zurückgelassen hat. Und plötzlich gerät alles aus den Fugen. Eine lebenslange Lüge stellt sich als Wahrheit heraus. Eine wiedergefundene Freundin hofft, den nächsten Sommer noch zu erleben, und will endlich wissen, was damals wirklich passiert ist. Eine Jugendliebe funkelt vielversprechend, eine Urne macht Umwege, und Judith stellt fest, dass es besser ist, sich zu früh zu freuen, als überhaupt nicht.

«Es wird Zeit» ist eine Geschichte von Schuld und Freundschaft, vom Älterwerden und vom Jungbleiben, es geht um die Heimat, die Liebe und den Tod und darum, dass am Ende nichts verlorengehen kann.

Fazit: schöner und unterhaltsamer Ferienroman mit etwas Tiefgang.

 

42.

Scweizer Literatur 🇨🇭

Susanne *

von Alex Camus, S 288 

 

Der neue Roman von Bestsellerautor Alex Capus - die faszinierende Geschichte einer Emanzipation Alte Gewissheiten gelten nicht mehr, neue sind noch nicht zu haben. In New York wird die Brooklyn Bridge eröffnet, Edisons Glühbirnen erleuchten die Stadt. Mittendrin Susanna, eine Malerin aus Basel, die mit ihrer Mutter nach Amerika ausgewandert ist. Während Maschinen die Welt erobern, kämpfen im Westen die Ureinwohner ums Überleben. Falsche Propheten versprechen das Paradies, die Kavallerie steht mit entsicherten Gewehren bereit. Mit ihrem Sohn reist Susanna ins Dakota-Territorium. Sie will zu Sitting Bull, um ihn zu warnen. Ein Portrait, das sie von ihm malt, hängt heute im State Museum North Dakotas. Das ergreifende Abenteuer einer eigenwilligen und wagemutigen Frau, voller Schönheit und Mitgefühl erzählt.

Fazit: ein schön und gut recherchiert geschriebener Roman, gut und interessant zu lesen, die historischen Passagen waren teilweise sehr ausführlich und für mich etwas lang. Lesenswert.

 

 

 

41.

Amerikanische Literatur 🇬🇧

Eine Feder auf dem Atem Gottes *

von Sigrid Nunez, S 222 

 

Eine junge Frau blickt zurück auf ihre Anfänge: den chinesisch-panamaischen Vater und die deutsche Mutter, die sich im Nachkriegsdeutschland begegnen und zusammen nach New York City gehen. In den fünfziger und sechziger Jahren dort aufwachsend, flüchtet sie sich in Träume, die von den Geschichten ihrer Eltern inspiriert sind, und dann in die Welt des Balletts. Eine sehnsüchtige Mutter mit Heimweh nach ihren Wurzeln, ein stiller Vater, den sie kaum kennt, das Tanzen, und die Erfahrung einer ersten Affäre mit Vadim, einem Russen aus Odessa: Das sind die Elemente, die das Leben der jungen Frau prägen. Ein Roman über Eltern und Kinder, Immigration und Liebe und das Fremdsein in der eigenen Familie.

Fazit: ein sehr schön geschriebenes Buch

 

 

 

40.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Eine Liebe in Pjöngjang *

von Andreas Stichmann, S 160 

 

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2022. 

An der Spitze einer Delegation junger Kulturschaffender reist Claudia Aebischer ein letztes Mal nach Pjöngjang: zur feierlichen Eröffnung der dortigen Deutschen Bibliothek. Starke Empfindungen sind ihr eigentlich fremd. Doch schon kurz hinter der chinesischen Grenze sieht sie sich mit einer Erscheinung konfrontiert, die eine alte Sehnsucht in ihr weckt. Eine Begegnung, die alles neu und anders macht – gibt es das? Das Phänomen hat, wie Claudia erfährt, einen Namen. Sunmi ist Germanistin, Dolmetscherin und Agentin der DVRK.

Von seiner Reise nach Nordkorea 2017 brachte Andreas Stichmann keine literarische Reportage und kein erzählendes Sachbuch heim, sondern die Idee zu einem Roman. «Eine Liebe in Pjöngjang» ist mehr als das, es ist ein Abenteuer. Die unwahrscheinliche Geschichte einer Liebe zwischen zwei ungleichen Frauen, zwei Lebensaltern, zwei Kulturen. Ein Buch, das sich das Fremde anverwandelt wie jemand, der sich verliebt: schlagartig, voller Hingabe, geblendet vom Leuchten der eigenen Projektionen.  

Fazit: ein sehr schön geschriebenes Buch, interessant, ehe schwer verständlich.

 

 

39.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Nikolka *

Niklaus von Steiger

Eine bernisch-russische Familienodyssee

von Inga Häusermann, S 284 

 

Das Buch erzählt die bewegte Familiengeschichte des Berner Patriziers Niklaus von Steiger (1933–1919), dessen Vorfahren nach der Französischen Revolution nach Russland auswanderten und am Zarenhof in bedeutende Positionen gelangten. Während des Ersten Weltkriegs gerieten sie in die Wirren der Oktoberrevolution und flüchteten über Odessa und Konstantinopel zurück in die Schweiz. Niklaus von Steiger selbst verbrachte seine Jugend im Waisenhaus der Burgergemeinde Bern, wurde Bankier und gründete in den 1960er-Jahren zusammen mit seinem Vetter Sergius Golowin, mit Franz Gertsch und Zeno Zürcher den legendären Kulturkeller Junkere 37. Inga Häusermann hat Niklaus von Steiger in langen Gesprächen befragt und packt den Stoff in eine biografische Erzählung, in der Erleben und Erinnern verschwimmen und sich zu einem Lebensroman verdichten. Roter Faden ist ein Spaziergang durch die Berner Altstadt, der mannigfaltige Bezüge zur mehrhundertjährigen Geschichte der von Steigers hervorbringt.

Fazit: sehr interessant und viel geschichtliches, verrückt was diese Familie alles erlebt hat.

 

 

38.

Französische Literatur 🇫🇷 

Das Land der Anderen

Leila Slimani, 384 S

 

Der Nr.-1-Bestseller aus Frankreich - der neue gefeierte Roman von Leïla Slimani. Über das Leben in der Fremde, eine unkonventionelle Liebe und eine Welt im Umbruch. Mathilde, eine junge Elsässerin, verliebt sich am Ende des Zweiten Weltkriegs in Amine Belhaj, einen marokkanischen Offizier im Dienst der französischen Armee. Die beiden heiraten und lassen sich in der Nähe von Meknès nieder, am Fuss des Atlas-Gebirges, auf einem abgelegenen Hof, den Amine von seinem Vater geerbt hat. Während er versucht, dem steinigen Boden einen kargen Ertrag abzutrotzen, zieht Mathilde die beiden Kinder gross. Voller Freiheitsdrang hatte sie den Aufbruch in ein neues, unbekanntes Leben gewagt und muss doch bald ernüchternde Erfahrungen machen: den alltäglichen Rassismus der französischen Kolonialgesellschaft, in der eine Ehe zwischen einem Araber und einer Französin nicht vorgesehen ist, die patriarchalischen Traditionen der Einheimischen, das Unverständnis des eigenen Mannes. Aber Mathilde gibt nicht auf. Sie kämpft um Anerkennung und ihr Leben im Land der Anderen.

Fazit: ein schöner Roman, der mir vieles über Marokko näher gebracht hat.

 

37.

Französische Literatur 🇫🇷 

Anleitung ein anderer zu werden *

von Edouard Louis, S 272 

 

Der neue Louis ist das schonungsloseste und vielleicht wichtigste Buch über die Identitätssuche. Und es ist eines, das fortgeschrieben werden muss. 

 

 

36.

Schweizer Sachbuch 🇨🇭

C’est la vie

Unterwegs mit zwei Pionieren der

Palliative Care *

von Rebekka Haefeli, S 212 

 

Der Mediziner Roland Kunz war bis vor Kurzem Ärztlicher Leiter am Zentrum für Palliative Care im Stadtspital Zürich Waid. Eva Bergsträsser leitet die Pädiatrische Palliative Care am Universitäts-Kinderspital Zürich. Beide haben Pionierarbeit in der medizinischen und menschlichen Begleitung von unheilbar kranken Erwachsenen und Kindern geleistet. Die Autorin porträtiert Roland Kunz und Eva Bergsträsser und begleitet sie bei der Arbeit im Spital. Sie lässt die Leserinnen und Leser miterleben, mit welch existenziellen und emotionalen Fragen die Fachleute sowie die Patientinnen, Patienten und deren Familien konfrontiert sind.
Einfühlsam wird an verschiedene Aspekte rund um das Leben im Bewusstsein des Todes herangeführt und aufgezeigt, dass es oft kleine Dinge sind, die den belasteten Alltag leichter und erfüllter machen. Anhand von Recherchen blickt Rebekka Haefeli ausserdem zurück und schildert, wie viel sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Palliative Care in der Schweiz verändert hat. Mit fotografischen Reportagen von Gaëtan Bally.

Fazit: sehr interessant und einfühlsam geschrieben.

 

35.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Da hinauf *

Von Marianne Künzle, S 122 

 

Da hinauf ist die dramatische Geschichte zweier Frauen, deren Wege sich kreuzen, die sich aber nie kennenlernen.
Auf einer Bergtour entdeckt Annina, eine junge Journalistin, eine Leiche, die der Gletscher freigegeben hat. Der Kleidung nach muss die Tote Jahrzehnte im Eis eingeschlossen gewesen sein. Die tote Frau ist Irma, die in den Fünfziger Jahren hier gewandert ist.
Irma und Annina begehen zeitlich verschoben denselben Weg. Ihre Wahrnehmung ist aber eine gänzlich andere, ihr Zugang zu sich selbst und der Landschaft unterschiedlich. Annina sucht ihren Platz in der Gesellschaft und muss sich selbst erst kennenleren, Irma handelt intuitiv, sie lebt und verteidigt ihre Ideale.
Die Gestalt des Gletschers hat sich von Irma zu Annina drastisch gewandelt – in den Fünfzigerjahren ist der Gletscher ein weisser Koloss, im Heute hören wir ihn tropfen, bröckeln. Nur einzelne Anhaltspunkte wie die Bergkulisse, eine Weggabelung oder ein markanter Felsblock in der Landschaft, auf die die beiden Frauen treffen, sind unverändert. Eine mal Stille, mal akustisch präsente Natur umgibt die beiden Frauen.

Fazit: sehr schön geschriebener Roman.

 

 

 

34.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Unter Strom *

von Tom Kummer, S 256


Die Neunziger. Zwei Frauen Mitte dreissig auf einem Roadtrip durch den Schweizer Hochsommer. Ihnen macht keiner was vor. Nina und Sarah sind Blutsgeschwister seit Jugendtagen und echte Femme Futures: stilbewusst, kaltschnäuzig und zusammen nicht aufzuhalten. Doch was, wenn sie nicht dasselbe Ziel ansteuern? Mit Mitte dreissig verlässt Nina ihren langjährigen Partner in Los Angeles und kehrt zurück in die Schweiz zu ihrer Freundin Sarah, inzwischen eine erfolgreiche Menschenrechtsanwältin. Eine Woche, bevor Nina sich entscheiden muss, für einen Partner, für oder gegen Kinder, einen Wohnort, den Beruf. Rasante Motorradfahrten durch die flirrende Berglandschaft, Nacktbaden in kühlen Bergseen – für Nina ist der Trip ein grosses Revival der Freiheit, doch Sarah sieht darin den Beginn einer langen Partnerschaft. Und ein Sommerfest in ihrer Villa am Bielersee soll ihr Anfang sein … Wieviel Freiheit verträgt der Mensch, wieviel Einfluss tut ihm gut? Unter Strom stellt die innersten Fragen der Zweisamkeit, so leidenschaftlich und einfühlsam wie es neben Tom Kummer nur wenige können.

Fazit: das Buch hat mich fasziniert, man kommt in einen richtigen Sog beim Lesen. Aber die Geschichte ist recht harte Kost. Bei mir tauchen auch viele Erinnerungen an diese Zeit auf.  

 

33.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Die Dinge beim Namen

von Rebekka Salm, S 182

 

Ein Dorf wie viele andere: Es gibt eine Selbstbedienungstankstelle, einen Dorfladen und einen Haufen Einfamilienhäuschen. Etwas ausserhalb wohnt die schöne Chantal, die eigentlich anders heisst und von Berufes wegen zu viel weiss. Die Kirche ist leer, das Wirtshaus voll. Die Dorfmusik probt über dem Magazin der Feuerwehr. Kleine Dramen, grosses Geschwätz. Freddy sammelt leidenschaftlich Käfer, die jung gebliebene Micha fährt samstagabends mit dem Bus in die grosse Stadt. Der pensionierte Dorfpolizist Lysser hütet ein dunkles Geheimnis - und der Vollenweider schreibt das alles auf.

Und dann ist da noch Sandra. Im Februar 1984, gerade mal sechzehnjährig, verschwand sie am Unterhaltungsabend des Musikvereins aus der Turnhalle - gemeinsam mit dem schönen Max. Vierunddreissig Jahre später bewegt diese eine Nacht die Gemüter noch immer.

Zwölf Dörfler geben Einblicke in ihr Leben und mehr noch in das der anderen - in flüchtiges Glück und ängstlich gehütete Geheimnisse.

Rebekka Salm erzählt zwölf eng miteinander verwobene Geschichten zu einer - und alle sind sie wahr. So wahr Geschichten eben sein können. Fazit: ein solider Roman, gut geschrieben und interessante Thematik, mich konnte er nicht begeistern.

 

 

32.

Deutsche Literatur 🇩🇪

Wovon wir Träumen

von Lin Hirse, S 240

 

Nur eins kann ich mir nicht aussuchen: Tochter sein. Eine junge Frau steht auf einem Berg in Shaoxing. Sie ist gekommen, um ihre Grossmutter zu beerdigen. Die Frage, wo sie selbst hingehört, schiebt sie beiseite. Vielleicht ist sie überall ein bisschen zu Hause oder nirgendwo ganz. Ihre Mutter hat China vor Jahren verlassen, weil sie in Deutschland ein anderes Leben wollte. Die Träume der jungen Frau ähneln denen ihrer Mutter. Und doch träumt sie anders, weil die Orte verschwimmen und sie die Geister der Familie nicht los wird. Subtil, mutig und mit feinem Gefühl für die Sprache erzählt Lin Hierse in »Wovon wir träumen« von einer Beziehung zwischen Mutter und Tochter und den Fragen nach Identität, Nähe und Abgrenzung. Auf den Spuren der deutsch-chinesischen Geschichte findet sie eine Form, Migration nicht als Trauma zu begreifen, sondern als Traum. 

Fazit: mit diesem Roman bin ich nicht wem geworden.

 

 

31.

Amerikanische Literatur 🇬🇧

Was ich dir noch sagen wollte

von Dorothy Gallagher, S 128

 

Dorothy Gallaghers Ehemann starb 2010. Jahrelang litt der Publizist und Verleger Ben Sonnenberg an Multipler Sklerose, war zuletzt beinahe vollständig gelähmt, doch sein wunderbarer, spielerischer Geist blieb ungetrübt. In Und was ich dir noch erzählen wollte bewegt sich Gallagher frei assoziierend zwischen Gegenwart und Vergangenheit, beschwört die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann, seine letzten Tage, das Leben nach seinem Tod – allein, und in Gedanken doch immer bei ihm, in einer Welt, die heimgesucht wird von Erinnerungen, Erinnerungen, die ihr zugleich oft Trost bedeuten. Offen und unprätentiös spricht sie über die kleinen Dinge ihres Alltags in New York, den Umzug in eine neue Wohnung, wie sie sich dort einrichtet, auf der Dachterrasse Tomaten zieht, ihre zwei Hunde und die Katze Bones, wie sehr ihr die eleganten Anzüge ihres Mannes fehlen, aber auch seine zärtlichen, sehr britischen Liebesbekundungen. Gallaghers Mutter, am Ende besiegt von der Demenz, ist auch da, zusammen mit vielen Freunden, einer alten Schreibmaschine und einem Foto, nie aufgenommen, aber umso bedeutsamer für Gallaghers Beziehung zu ihrem verstorbenen Mann. Was Dorothy Gallagher hier erzählt, mag gewöhnlich erscheinen, doch wie sie es tut, lakonisch und tiefgründig, ist einmalig. Dieses schmale, zutiefst berührende Buch entfaltet die Beziehungsgeschichte eines Paares, Logik und Mysterium ihres Zusammenseins, erzählt von unheilbarem Verlust und unendlicher Liebe und destilliert so die Essenz des Lebens.

Fazit: das Buch hat es mir nicht angetan.

 

30.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Polarrot *

Patrick Tschad, S 348 

 

1929: Jack Breiter ist alles andere als ein Glückskind. In eine arme Schweizer Bauernfamilie geboren, will er unbedingt nach oben. Erst als glückloser Heiratsschwindler im noblen Palace Hotel in St. Moritz, später als Handels-vertreter beim Chemiekonzern Gugy. Zunächst mit glänzendem Erfolg: Dank des Reichsbe-flaggungsgesetzes von 1935 verkauft Breiter Hektoliter um Hektoliter der Farbe "Polarrot" für die Hakenkreuzfahne. Er wird rasch zum Starverkäufer der Firma. Doch dann verliebt er sich in die Frau seines Chefs, eine Halbjüdin, und lässt sich ihr zuliebe auf ein riskantes Goldschmuggel-Unterfangen ein. Prompt wird Breiter ertappt - und plötzlich ist es mit dem Spass vorbei. Einen politisch derart unkorrekten Helden hat die Schweizer Literatur kaum je gesehen: Patrick Tschans Jack Breiter ist ein Hochstapler und ein Grossmaul, er schmuggelt Geld und Gold und Menschen und schreckt auch nicht davor zurück, den Nazis das Rot für ihre Hakenkreuzfahne zu verkaufen -Tschan macht grosses Kino.

Fazit: auch dieses ältere Buch von Patrick Tschad hat mir sehr gut gefallen. Die ersten 30 Seiten waren für mich etwas schwierig, danach ging flott weiter mit viel Schwung. Schöne Lektüre mit etwas Tiefgang.

 

28.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Schmelzwasser *

Patrick Tschan, S 336 

 

Im Frühjahr 1947 hüpft die Buchhändlerin Emilie Reber von einem Linienschiff auf den Landungssteg einer Kleinstadt am Bodensee. Zurückgekehrt aus der Résistance, eröffnet sie mit französischer Hilfe eine Leih-bibliothek und macht sich daran, die gesellschaftlichen Verkrust-ungen der Nachkriegszeit mit Literatur aufzubrechen. Kein leichtes Unterfangen, wollen doch die Kleinstädter Ruhe, vergessen und schon gar nicht, dass jemand in ihren Wunden stochert. Vorerst legt sich die Buchhändlerin alleine mit dem Städtchen und den Altnazis an, bis sie zwei Freundinnen und Mitstreiterinnen findet. Gemeinsam mit einem Kunden der Buchhandlung stemmen sich die drei Frauen dem eisigen Schweigen mit Literatur, Mode und Musik entgegen. Mit Mut, Beharrlichkeit und Lebenshunger behaupten sie gegen alle Widerstände ihr eigenes Leben.

Fazit: was für ein tolles Buch und wieder von einem Schweizer Autor. In letzter Zeit kommen bei mir immer mehr Schweizer Autoren zum Zug. Das freut mich natürlich, dass hier so gute Literatur produziert wird. Nun zum Buch: einfach gut recherchiert und geschrieben, mit Schwung und Humor beschreibt es die wichtige Zeit zwischen 1947 - 1962, also die Aufbruchzeit nach dem zweiten Weltkrieg. Da prallen politische Ansichten aufeinander, dasss nur so „die Fetzen fliegen“. Für uns Nachfolgergenerationen ist es sehr wichtig diese Zeit richtig zu verstehen, auch um uns zu befreien von alten Mustern und auch um „Frieden zu machen mit der alten Generation“. Nur wenn wir verstehen kommt es besser, so hoffen wir es jedenfalls.

 

27.

Deutsche Literatur 🇩🇪

Hast du unendlich gefunden *

von Edgar Selge, S 304 

 

Das literarische Debüt von Edgar Selge: Ein Zwölfjähriger erzählt seine Geschichte zwischen Gefängnismauer und klassischer Musik. Exemplarisch und radikal persönlich.Eine Kindheit um 1960, in einer Stadt, nicht gross, nicht klein. Ein bürgerlicher Haushalt, in dem viel Musik gemacht wird. Der Vater ist Gefängnisdirektor. Der Krieg ist noch nicht lange her, und die Eltern versuchen, durch Hingabe an klassische Musik und Literatur nachzuholen, was sie ihre verlorenen Jahre nennen.

Überall spürt der Junge Risse in dieser geordneten Welt. Gebannt verfolgt er die politischen Auseinandersetzungen, die seine älteren Brüder mit Vater und Mutter am Esstisch führen. Aber er bleibt Zuschauer. Immer häufiger flüchtet er sich in die Welt der Phantasie.Dieser Junge, den der Autor als fernen Bruder seiner selbst betrachtet, erzählt uns sein Leben und entdeckt dabei den eigenen Blick auf die Welt. Wenn sich der dreiundsiebzigjährige Edgar Selge gelegentlich selbst einschaltet, wird klar: Die Schatten der Kriegsgeneration reichen bis in die Gegenwart hinein.

Fazit: wunderbares Buch, klug, emotional, bewegend und mit leisem Humor.

 

27. 

Schweizer Literatur 🇨🇭

Die Zartheit der Stühle *

von Jürg Bieler, S 224

 

Im Alltag ist Matteo schweigsam, nur auf der Bühne kommen ihm die Worte wie von selbst. Sein Gedächtnis ist legendär, doch ausgerechnet ihm passiert, wovor sich jeder Schauspieler am meisten fürchtet: Als Shakes-peares König Lear fällt er aus dem Text, wenige Tage nach dem Begräbnis seiner Lebenspartnerin. Matteo flüchtet aus Berlin nach Lerone, einer süditalienischen Kleinstadt, um wieder mit seiner alten Liebe anzuknüpfen: mit der Piazza d'Oriente, der schönsten Piazza der Welt. Von ihr erhofft er sich endlich Ruhe. Doch die Alpen, die er zwischen Berlin und Lerone geschoben hat, schützen ihn nicht vor dem Vergangenen. Eine Fremde taucht auf, die behauptet, sie würden sich kennen. Zu spät geht ihm auf, dass sie nicht zufällig in Lerone ist.

Fazit: ein wunderbar gut geschriebene Geschichte, poetisch und trotzdem spannend.

 

 

 

26.

Deutsche Literatur 🇩🇪 

Dschinns *

von Fatma Aydemir, 368 S 

 

Fatma Aydemirs grosser Familienroman – „Ihr Sound hat eine Wucht, die abwechselnd ins Herz und in die Magengrube geht.“ 

Dreissig Jahre hat Hüseyin in Deutschland gearbeitet, nun erfüllt er sich endlich seinen Traum: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Nur um am Tag des Einzugs an einem Herzinfarkt zu sterben. Zur Beerdigung reist ihm seine Familie aus Deutschland nach. Fatma Aydemirs grosser Gesellschaftsroman erzählt von sechs grundverschiedenen Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind. Alle haben sie ihr eigenes Gepäck dabei: Geheimnisse, Wünsche, Wunden. Was sie jedoch vereint: das Gefühl, dass sie in Hüseyins Wohnung jemand beobachtet. Voller Wucht und Schönheit fragt „Dschinns“ nach dem Gebilde Familie, den Blick tief hineingerichtet in die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte und weit voraus.

Fazit: das Thema dieses Romans gefällt mir, aber so langweilig geschrieben.Ich habe das Buch nicht zu Ende gelesen.

 

 

25.

Deutsche Literatur  🇩🇪

Was ich nie gesagt habe 

von Susanne Abel, S 56 

 

Wer ist Familie?

Tom Monderath ist frisch verliebt: Mit Jenny erlebt er die glücklichste Zeit seines Lebens. Bis er durch Zufall auf seinen Halbbruder Henk stösst, der alles über ihren gemeinsamen Vater wissen will. Doch Konrad starb vor vielen Jahren und seine demente Mutter Greta kann Tom nicht befragen. Als sich weitere Halbgeschwister melden, wird es Tom zu viel. Jenny und Henk hingegen folgen den Spuren Konrads. Selbst fast noch ein Kind, kämpfte Toms Vater im Krieg, geriet in amerikanische Gefangenschaft, bevor er in den späten 40er-Jahren nach Heidelberg kommt. Dort verliebt er sich Hals über Kopf in die junge Greta, nicht ahnend, dass ein Geheimnis aus der dunkelsten Zeit des Nationalsozialismus ihre gemeinsame Familie ein Leben lang begleiten wird.

Fazit: wer den ersten Band dieser Familiengeschichte „Stay away from Gretchen“ gelesen und Gefallen daran gefunden hat, wird auch diese Geschichte lieben. Man kann in diesem Buch versinken und alles drumherum vergessen. Keine Literatur, aber trotzdem schön.

 

 

24. 

Schweizer Literatur 🇨🇭

Nina & Tom

von Tom Kummer, S256

 

Tom liebt Nina. Nina liebt Tom. Sie hat nur noch wenige Tage zu leben. Die grösste Liebesgeschichte seit Love Story. So jemanden wie Nina hat Tom noch nie gesehen: Sie sieht aus wie ein Knabe und hat diesen Gangsterblick, der keine Schwächen zulässt. Er selbst bastelt Feuerbomben und inszeniert Geschichten, die wie die Wahrheit klingen. In Barcelona lernen sie sich kennen, in Berlin experimentieren sie mit Sex, Pop und Drogen, und in L. A. gründen sie eine Familie. Nina & Tom sind das ungleiche Paar, das nur die Extreme kennt. Doch nun, nach dreissig gemeinsamen Jahren, ist Nina krank. Sie wird sterben. Und niemand kann sie davon abhalten, ihre letzten Tage in Freiheit zu verbringen. Ein Buch, wie es nur das Leben schreiben kann. “’Wir sind Engel der Hölle’, sage ich zu Nina, als wir in der Lufthansa-Maschine die Anden überqueren. Sie legt ihren Arm über meine Schulter. Ich lege meine Finger auf ihre Wange und streiche hinunter bis zum Kinn. Ich sehe, wie ihre Lippen zittern: ‘Tom’, sagt sie, ‘wie wollen wir jetzt weiterleben?’” Tom Kummer, der »Bad Boy« des deutschen Journalismus, hat der Frau ein Denkmal gesetzt, von der ihn nur der Tod scheiden konnte: ein durch und durch erschütterndes Buch.

Fazit: harte und erschütternde Kost, trotzdem lesenswert.

 

23.

Deutsche Literatur 🇩🇪 

Die Diplomatin *

von Lucy Fricke, 256 S 

 

Aktueller denn je: Wie geht man vor, wenn man etwas erreichen will, ohne dass es eskaliert? Ein Roman über die Kunst der Diplomatie. Fred ist eine erfahrene und ehrgeizige deutsche Konsulin. Eine Frau, die eigentlich nichts aus der Ruhe bringt, überall und nirgends zu Hause. Dann jedoch, in Montevideo, scheitert sie erstmals in ihrer Karriere. Sie wird versetzt ins politisch aufgeheizte Istanbul, ihrer bisher grössten Herausforderung. Zwischen Justizpalast und Sommerresidenz, Geheimdienst und deutsch-türkischer Zusammenarbeit, zwischen Affäre und Einsamkeit stösst sie an die Grenzen von Freundschaft, Rechtsstaatlichkeit und europäischer Idee. In ihrem fulminanten, so komischen wie bitteren neuen Roman erzählt Lucy Fricke von einer Diplomatin, die den Glauben an die Diplomatie verliert – das, was in ihrem Beruf das Wichtigste ist: die Geduld. 

Fazit: schöne, unterhaltsame Ferienlektüre, mit Humor. 

 

22.

Deutsche Literatur 🇩🇪 

Das Leben ist ein vorübergehender Zustand

von Gabriele von Armin, S 240

 

Ein Schlaganfall, zehn Tage später der zweite, haben ihren Mann aus allem herauskatapultiert, was er bis dahin gelebt hatte. Und aus ihr wird die Frau des Kranken. Wie liebt und hütet man einen Mann, der an dem Tag zusammenbricht, an dem man ihm gesagt hat, man könne nicht mehr leben mit ihm? Wie schafft man die Balance, in der Krankheit zu sein und im Leben zu bleiben? Gabriele von Arnim beschreibt in diesem literarischen Text, wie schmal der Grat ist zwischen Fürsorge und Übergriffigkeit, Zuwendung und Herrschsucht. Wie leicht Rettungsversuche in demütigender Herabwürdigung enden. Und Aufopferung erbarmungslos wird. "Das Leben ist ein vorübergehender Zustand" ist eine leidenschaftliche, so kühle wie zärtliche Erzählung eines bedrängten Lebens.

Fazit: unbedingt lesen. 

21.

Deutsche Literatur 🇩🇪 

Morgen kann kommen *

von Indigo von Kürty, S 368 

 

Der neue Roman von Nummer-1-SPIEGEL-Bestsellerautorin Ildikó von Kürthy: mitreissend, warmherzig und witzig. Ein lebenskluger Roman für und über Frauen, die aus dem Schatten treten, zerstörerische Bezieh-ungen beenden und endlich die Bühne ihres eigenen Lebens erobern. Ein zerrissenes Foto bringt die Wahrheit ans Licht. Es ist die Momentaufnahme eines Verrats, der vier Schicksale miteinander verbindet, sie zusammenführt und mit den unbequemen Fragen der Lebensmitte konfrontiert: loslassen oder festhalten? Wer bin ich, wenn ich niemandem mehr gefallen will, und wo will ich hin, wenn ich mir von niemandem mehr sagen lasse, wo es langgeht? Ruth flieht mit dem Foto und ihrem viel zu grossen Hund in die alte Villa der Grosseltern. Dort trifft sie nach Jahren des Schweigens auf ihre Schwester, erkennt die Lüge, die sie entzweit, und das Verbrechen, das ihr Leben bestimmt hat. Sie schliesst Rudi in ihr Herz, der sich im ersten Stock mit sanftmütiger Tapferkeit auf seinen Tod vorbereitet, aber vorher noch ein letztes Mal für Ordnung sorgen will. Sie begegnet Erdal, der unter Wechseljahresbeschwerden leidet und aus Versehen eine folgenschwere Entscheidung trifft, als er seine Cousine in die Villa einlädt. In schneller Abfolge gehen eine Nase und etliche Illusionen zu Bruch. Ruth tritt aus dem Schatten ihrer Vergangenheit. Und das Ende ist eigentlich erst der Anfang. Fazit: ein rasant zu lesendes Buch, hat mir gut gefallen.

 

 

20.

Amerikanisch/Britische Literatur  🇬🇧

Eine Frage der Chemie

von Bonnie Garaus, S 464 

 

Elizabeth Zott wird Ihr Leben verändern!Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Ausser Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreis-kandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show »Essen um sechs« wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände ...

 

Fazit: „ein Pageturner par excellence“, der Plot ist ein wenig übertrieben (amerikanisch), muss man trotzdem lesen.

 

19.

Scweizer Literatur 🇨🇭

Amur, grosser Fluss

von Leta Semadeni, 192 S

 

Radu, heisst er, der Mann im Bus, der alle anderen Köpfe überragt; wenn Olga in Ecuador jeden Morgen in die Stadt fährt, treffen sich ihre Augen. Später weiss sie, dass sie Radu schon als Mädchen im Engadiner Internat begegnet ist: Bei seinem Vortrag über den Amur-Tiger sass sie in der ersten Reihe. Heute ist Olga unten am tosenden Fluss kurz in Versuchung geraten, sein Gesicht aus der Erinnerung herbeizulocken. Radu, der grosse Abwesende, der immer wieder Koffer packte, um den nächsten Film zu drehen. Das Schlagen der Tür zerriss ihr das Herz. Zusammen reisten sie, am liebsten an entlegene Orte. Oder er machte Station bei ihr im Dorf, und für kurze Zeit schien so etwas wie ein gemeinsames Leben auf: Da sassen sie im Gras, blickten auf die zackigen Berge, luden Elsa zum Essen ein, und der Tequilamoon vermochte sie ganz und gar aus der Fassung bringen. Leta Semadenis neuer Roman führt an die Ufer des Amur und wieder zurück in das Bergdorf von Tamangur. Aus poetischen Miniaturen setzt sich die Geschichte einer Liebe zusammen, wie es sie nur einmal im Leben gibt, wuchtig, schmerzlich, glücklich, eine Liebe, die estzuhalten es nicht gelang und Olga – wie wohl auch die Autorin selber – das ganze Leben nicht mehr loslässt.

Fazit: sehr schöner Roman, in kurzen Kapitel ohne roten Faden, jede Geschichte ist eine Geschichte für sich. Nicht fertig gelesen.

 

18.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Der verschwundene Mond *

von Zoë Jenny, S 150 

 

In Zoe Jennys neuem Roman herrscht eine beunruhigende Atmosphäre. Die fernen Sternenwelten stehen so ganz im Gegensatz zu den sich immer schneller entwickelnden fatalen Ereignissen auf der Erde. Jenny erzählt von gut ausgebildeten, aber arbeitslosen Akademikern, von ewigen Altnazis, von künst-licher Intelligenz, von Diversität und Geschlechtsumwandlung, von persönlicher Freiheit und feh-lenden Alternativen, von Klima-krise und Lichtverschmutzung und bewegt sich damit an den Rändern der erkennbaren Wirklichkeit inmitten des Sternenchaos.

Fazit: ein kurzer Roman über aktuelle Themen, schön geschrieben, aber das wars dann auch.

 

17.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Schwirrflug 

von Regula Portillo, 246 S

 

Ruth und ihr Mann Markus reisen 1984 als Brigadisten nach Nicaragua. Überzeugt von den Idealen der Revolution, setzt sich das Paar unermüdlich für soziale Gerechtigkeit ein. Unter schwierigsten Bedingungen versuchen sie mitzuhelfen, ein neues Nicaragua aufzubauen. Doch die politische Lage spitzt sich laufend zu und wird durch die Attentate der Contras für alle Beteiligten lebensgefährlich. Dreißig Jahre später erfahren Ruths Töchter Alma und Judith vom Einsatz ihrer Eltern. Sie begeben sich als Touristinnen auf Spurensuche nach Nicaragua, in der Hoffnung, Antworten auf neu aufgeworfene Fragen zu finden. Doch plötzlich tun sich ungeahnte Abgründe auf, und Gewissheiten geraten ins Schwanken. Regula Portillo schildert in ihrem Roman packend, welche Konflikte Ruth und Markus durchstehen müssen beim Versuch, ihre Ideale Realität werden zu lassen. Die drängenden Fragen, mit denen sich Alma und Judith Jahre später konfrontiert sehen, verlangen nach einer neuen Auseinandersetzung mit den Eltern und zeigen auf, wie wenig wir oftmals von den Menschen wissen, die uns am nächsten stehen. Portillo verwebt geschickt die beiden Erzählebenen und lässt die Höhen und Tiefen des politischen Engagements, aus der Sicht von Ruth erzählt, auf die unbedarften Reiseeindrücke und quälenden Zweifel ihrer Töchter prallen. 

Fazit: ein wunderbares Buch, schön, spannend und gradlinig geschrieben. Dies ist das erste Buch, welches Regula Portillo geschrieben hat. Der zweite Roman „Andersland“ landete bei mir unter den Besten 2021.

 

16.

Deutsch/Irakische Literatur 🇩🇪 

Der Erinnerungsfälscher

von Abbas Khider, 128 S 

 

„Abbas Khider schreibt mit einer einzigartigen Mischung aus Gedankentiefe, genauer Beobachtung und Leichtigkeit.“ ARD. Said Al-Wahid hat seinen Reisepass überall dabei, auch wenn er in Berlin-Neukölln nur in den Supermarkt geht. Als er eines Tages die Nachricht erhält, seine Mutter liege im Sterben, reist er zum ersten Mal seit Jahren in das Land seiner Herkunft. Je näher er seiner in Bagdad verbliebenen Familie kommt, desto tiefer gehen die Erinnerungen zurück, an die Jahre des Ankommens in Deutschland, an die monatelange Flucht und schliesslich an die Kindheit im Irak. Welche Erinnerungen fehlen, welche sind erfunden und welche verfälscht? Said weiss es nicht. Es ist seine Rettung bis heute. Eine Lebensgeschichte von enormer Wucht. In diesem bewegenden und poetischen Roman liegt der Klang eines ganzen Lebens.

 

Fazit: in diesen wenigen Buchseiten ist ein Leben zwischen Bagdad und Deutschland beschrieben, wunderschön zu lesen.

 

15.

Amerikanische Literatur 🇬🇧

In der Hölle tanzen / Warum 

wir uns jederzeit für die Freiheit entscheiden können

von Dr. Edith Eva Eger, 480 S

 

Die erfolgreiche Psychologin und weltweit gefragte Rednerin Dr. Edith Eger ist eine der letzten Überlebenden des Holocaust. Ihre erschütternde Geschichte ist ein zutiefst bewegendes Zeugnis des Sieges der Menschlichkeit über den Hass und zeigt uns, dass wir im Leben immer die Freiheit haben, uns zu entscheiden. 

Im Alter von 16 Jahren wurde Edith Eger 1944 aus ihrem Heimatland Ungarn nach Auschwitz verschleppt. Dort musste sie Unvorstellbares erleiden: Sie sah ihre Mutter in die Gaskammer gehen und musste danach vor Josef Mengele tanzen. Es grenzt an ein Wunder, dass Edith die Grauen der nationalsozialistischen Lager überlebte. In den USA baute sie sich an der Seite ihres Mannes ein neues Leben auf und wurde Psychologin und Therapeutin. Ihr warmherziges und lebensbejahendes Buch ist mehr als die ausserordentliche Geschichte einer Holocaust-Überlebenden. Wie Victor Frankl in „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ weist uns Edith Eger durch ihr persönliches Schicksal und anhand von Fallbeispielen aus ihrer therapeutischen Praxis den Weg, wie wir uns aus dem Gefängnis unserer eigenen Psyche befreien können, indem wir uns bewusst machen: Wir haben immer eine Wahl im Leben.

Fazit: dieses Buch ist mir sehr nah ans Herz gegangen, aber ist ein harter Brocken mit den Holocaust Beschreibungen.

 

14.

Deutsche Literatur 🇩🇪

Nastjas Tränen

von Natascha Wodlin, 192 S

 

Als Natascha Wodin 1992 nach Berlin kommt, sucht sie jemanden, der ihr beim Putzen hilft. Sie gibt eine Annonce auf, und am Ende fällt die Wahl auf eine Frau aus der Ukraine, dem Herkunftsland ihrer Mutter, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt wurde. Nastja, eine Tiefbauingenieurin, konnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im wirtschaftlichen Chaos ihrer Heimat nicht mehr überleben − ihr letztes Gehalt bekam sie in Form eines Säckchens Reis ausgezahlt. Da sie ihren kleinen Enkelsohn und sich selbst nicht länger ernähren kann, steigt sie, auf etwas Einkommen hoffend, in einen Zug von Kiew nach Berlin. Dort gelingt es ihr, mehrere Putzjobs zu finden, nach getaner Arbeit schläft sie auf dem Sofa ihrer Schwester. Zu spät bemerkt sie, dass ihr Touristenvisum abgelaufen ist. Unversehens schlittert sie in das Leben einer Illegalen, wird Teil der riesigen Dunkelziffer an Untergetauchten im Dickicht der neuen, noch wildwüchsigen deutschen Hauptstadt. 

Fazit: hier wird ein osteuropäisches Frauenleben geschildert, kühl und genau und mit einer Aktualität zum Ukrainekrieg. Unbedingt lesen.

  

 13.

Deutsche Literatu🇩🇪 

Löwenherz

von Monika Helfer, 192 S

 

Monika Helfer macht aus Lebenserinnerungen Literatur. Nach „Die Bagage“ und „Vati“: der neue Roman um eine Familie aus Vorarlberg. Monika Helfer erinnert sich an ihren Bruder Richard. Seit dem Tod der Mutter wachsen sie und ihre Schwestern getrennt vom kleinen Bruder auf. Sie sehen sich selten, verlieren die Verbindung. Es ist die Zeit des Deutschen Herbstes. Richard ist da bereits ein junger Mann, von Beruf Schriftsetzer. Er ist ein Sonderling, das Leben scheint ihm wenig wichtig. Verantwortung übernimmt er nur, wenn sie ihm angetragen wird. So auch, als ihm auf merkwürdige Weise eine verflossene Liebe ein Kind überlässt, von dem er nur den Spitznamen kennt. Die unfreiwillige Vaterrolle gibt ihm neuen Halt, zumindest für eine Zeit. Ein inniges Portrait, eine Geschichte über Fürsorge, Schuldgefühle und Familienbande.

 

Fazit: dies ist das dritte Buch von Monika Helfer aus ihrer Familientriologie und auch ihr persönlichstes. Wunderbare Sätze kommen vor, auch ein kleiner feiner Humor schwingt mit, sonst würde man das Geschehene kaum erträglich beschreiben können. 

 

 

12.

Italienische Literatur 🇮🇹

Geschichte einer grossen Liebe *

von Susanna Tamaro, 288 S

 

Susanna Tamaro erzählt von einer Liebe, die über den Tod hinausreicht. 1978: Auf einer Überfahrt von Venedig nach Piräus begegnen sich Edith und Andrea; sie, die gerade Abitur gemacht hat, er, Kapitän des Schiffes. Andrea ist von Ediths rebellischer Art fasziniert. Er löst seine Verlobung. Doch Edith gibt ihm keinerlei Sicherheit, und als Andrea ihr einen Heiratsantrag macht, weist sie ihn schroff zurück. Ihre Wege trennen sich. Doch das unsichtbare Band des Lebens führt sie wieder zusammen. Jahre später begegnen sie sich erneut, zunächst verbunden durch eine innige Freundschaft, die bald in eine tiefe Liebe mündet. Eine Liebe, die unerwartetes Glück schenkt und ebenso einen traumatischen Schicksalsschlag verkraften muss.

Fazit: eine wunderschöne Liebesgeschichte, sehr traurig aber schön geschrieben.

 

11.

Deutsche Literatur 🇩🇪

Ende in Sicht *

von Ronja von Rönne, 256 S 

 

Von all den guten Gründen zu sterben, und von all den viel besseren, am Leben zu bleiben. Hella, 69, will sterben. In der Schweiz, in einem Krankenhaus. Also macht sie sich auf den Weg. Diese letzte Fahrt wird ihr alter Passat schon noch schaffen. Doch kaum auf der Autobahn, fällt etwas Schweres auf die Motorhaube ihres Wagens. Juli, 15, wollte sich von der Autobahnbrücke in den Tod stürzen. Jetzt ist sie nur leicht verletzt – und steigt zu Hella ins Auto. Zwei Frauen mit dem Wunsch zu sterben – doch wollen sie zusammen noch, was ihnen einzeln als letzte Möglichkeit erschien? Tieftraurig, elegant und lakonisch erzählt Ronja von Rönne von zwei Frauen, denen der Tod als letzter Ausweg erscheint: ein unvorhersehbares, dramatisches, unangemessen komisches Lesevergnügen.

Fazit: in diesem Roman geht es um das grosse Thema Depression und Tod. Darüber kann man wohl nur in diesem lakonischen Ton schreiben und lesen. Das finde ich Ansicht auch gut, aber mir war es dann doch etwas überspitzt.

 

 

10.

Amerikanisches Tagebuch 🇬🇧

Unzertrennlich 

über den Tod und das Leben

von Irvin D. Yalow und Marilyn Yalom, 320 S

 

Irvin D. Yalom ist einer der angesehensten Psychothera-peuten Amerikas, am 13. Juni 2021 wurde er neunzig Jahre alt. Er gilt als Klassiker der existentiellen Psychotherapie, seine Lehrbücher und Romane erscheinen weltweit und erreichen Millionen. Seine Frau Marilyn Yalom, eine renommierte Kulturwissenschaftlerin und Autorin, starb im Herbst 2019 nach 65jähriger Ehe. Als klar war, dass ihre Krankheit zum Tode führen würde, begannen beide ein Buch zu schreiben - das am Ende Irvin D. Yalom alleine fertigstellen musste. Es ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe und herausragenden intellektuellen Beziehung. Ein grosses Alterswerk, das alle existentiellen Themen berührt, die uns angehen.

Fazit: sehr berührend. Wer sich mit dem Leben und Sterben auseinansetzten möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Eine Leseempfehlung.

 

9.

Deutsche Literatur 🇩🇪

Stay away from Gretchen 

Eine unmögliche Liebe

von Susanne Abel, 528 S

 

Der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath macht sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta, die immer mehr vergisst. Was anfangs ärgerlich für sein scheinbar so perfektes Leben ist, wird unerwartet zu einem Geschenk. Nach und nach erzählt Greta aus ihrem Leben – von ihrer Kindheit in Ostpreussen, der Flucht vor den russischen Soldaten im eisigen Winter, der Sehnsucht nach dem verschollenen Vater und ihren Erfolgen auf dem Schwarzmarkt in Heidelberg. Als Tom jedoch auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stösst, verstummt Greta. Zum ersten Mal beginnt Tom, sich eingehender mit der Vergangenheit seiner Mutter zu befassen. Nicht nur, um endlich ihre Traurigkeit zu verstehen. Es geht auch um sein eigenes Glück.

Fazit:hier wird in einem packend geschriebenen Roman über das bis heute nicht aufgearbeitete Kapitel der "Brown Babies" während der GI's Zeit in Deutschland geschrieben. Und noch über vieles Mehr. Spannend bis auf das Ende, welches nach mir persönlich nicht so gelungen daher kommt. Trotzdem lesenswert.

 

8. 

Italienische Literatur 🇮🇹

Acht Berge

von Paolo Cognetti, 272 S

 

Eine Geschichte vom Aufbrechen und vom Wiederkehren – und davon, was ein erfülltes Leben ausmacht. Wagemutig erkunden Pietro und Bruno als Kinder die verlassenen Häuser des Bergdorfs, streifen an endlosen Sommer-tagen durch schattige Täler, folgen dem Wildbach bis zu seiner Quelle. Als Männer schlagen die Freunde verschiedene Wege ein. Der eine wird sein Heimatdorf nie verlassen, der andere zieht als Dokumentarfilmer in die Welt hinaus. Doch immer wieder kehrt Pietro in die Berge zurück, zu diesem Dasein in Stille, Ausdauer und Masshalten. Er ringt mit Bruno um die Frage, welcher Weg der richtige ist. Stadt oder Land? Gehen oder Bleiben? Was zählt wirklich im Leben? Vor der ehrfurchtgebietenden Kulisse des Monte-Rosa-Massivs schildert Paolo Cognetti mit poetischer Kraft die lebenslange Suche zweier Freunde nach dem Glück. Eine eindringliche archaische Geschichte über die Unbezwingbarkeit der Natur und des Schicksals, über das Leben, die Liebe und den Tod. »Acht Berge« ist ein feiner, lebenskluger Roman, der mit inzwischen 1,5 Millionen verkauften Büchern weltweit viele Leserinnen und Leser begeistert hat; ausgezeichnet mit dem Premio Strega, dem bedeutendsten Buchpreis Italiens.

Fazit: ein Roman der einem direkt ins Herz trifft!

 

 

7.

Schweizer Literatur  🇨🇭

Ein Winter in Sokcho

von Elisa Shia Dusapin, 144 S 

 

Ein Winter in Sokcho ist ein kleines Meisterwerk." Jury Robert Walser Preis. Im eiskalten Sokcho, einem Küstenort kurz vor Nordkorea, begegnen sie sich: die junge Angestellte der Pension und der Künstler aus der Normandie. Während er die Stille von Sokcho zum Zeichnen sucht, möchte sie ihr entfliehen. Mit jedem Gespräch, jedem Spaziergang durch das winterliche Nirgendwo kommen die beiden einander näher. Zwei Gestrandete, die sich nach einem Neuanfang sehnen und ihn jeder auf seine Weise wagen.

Fazit: sehr schöne Lektüre, hat mich aber etwas gelangweilt.

 

 

6.

Schweizerisch/Isländische Literatur 🇨🇭

Tell

von Joachim B. Schmidt, 288 S

 

Joachim B. Schmidt greift nach den Schweizer Kronjuwelen und macht aus der ›Tell‹-Saga einen Pageturner, einen Thriller, ein Ereignis: Beinahe 100 schnelle Sequenzen und 20 verschiedene Protagonisten jagen wie auf einer Lunte dem explosiven Showdown entgegen. Keine Nach-, keine Neuerzählung, sondern ein Blockbuster in Buchform.

Fazit: Wie aus Schillers Schweizer Nationalsaga „Wilhlem Tell“ ein verständlicher Krimi wird und doch eine Sage bleibt! Unbedingt lesen! 

 

 

5.

Deutsche Literatur  🇩🇪

Nebelkinder *

Stefanie Gregg, 384

 

Zwischen uns ein ganzes Leben. München, 1945. Zusammen mit ihrer Mutter Käthe ist Ana aus Breslau geflohen. Käthe ist traumatisiert, und so ist es an Ana, für ihre Familie zu sorgen. Als sie ihre eigene Familie gründet, scheint der Krieg verwunden, doch ihre Tochter Lilith bleibt ihr seltsam fremd. Viele Jahre später steht Lilith vor einer grossen Entscheidung: Ausgerechnet sie, die doch immer unter ihrer distanzierten Mutter gelitten hat, soll den Sohn ihrer besten Freundin bei sich auf-nehmen. Da fährt Ana mit ihr nach Breslau und erzählt ihr endlich, was damals wirklich geschehen ist. Eine berührende Familiengeschichte, die über drei Generationen bis in das 21. Jahrhundert reicht.

Fazit: ein sehr berührender Roman, keine hochstehende Literatur, dafür geht einem diese Geschichte unter die Haut.

 

4.

Amerikanische Literatur 🇬🇧

Die Parade *

von Dave Eggers, 192 S

 

Mit seinem neuen Roman wirft Dave Eggers die Frage auf, ob der Westen in der Lage ist, die komplizierten Verstrickungen eines Entwicklungslands, das sich jahrelang im Bürgerkrieg befand, zu begreifen. Eine kluge, hochaktuelle Parabel und ein echter Pageturner. Zwei Strassenbauer werden von einer internationalen Baugesell-schaft in ein vom Bürgerkrieg zerrissenes Land geschickt, um den armen Süden mit dem reichen Norden zu verbinden. Der Präsident des Staates will den noch jungen, fragilen Frieden mit einer Militärparade auf der neuen Strasse feiern. Einer der beiden Männer möchte so schnell und korrekt wie möglich seine Arbeit verrichten, um bald wieder nach Hause zu können; der andere ist abenteuerlustig und nimmt voller Freude und Neugier alles mit, was ihm die neue Kultur, die fremden Menschen und das exotisch riechende Essen zu bieten haben. Meter für Meter kämpfen sie sich mithilfe einer hypermodernen Asphaltiermaschine voran. Die Strasse wird länger, die Konflikte zwischen den beiden werden härter und nehmen eine dramatische Wendung, als einer der Männer lebensbedrohlich erkrankt. Beide kommen auf dieser Reise an ihre Grenzen – und müssen sich fragen, inwiefern sie der Bevölkerung wirklich helfen, wenn sie ihren Auftrag erfüllen. Tut man automatisch Gutes, wenn man Gutes tun will? In »Die Parade« zeigt sich erneut Dave Eggers’ besondere Begabung, soziale und politische Fragen mit den Mitteln der Literatur zu untersuchen – eine fesselnde Lektüre, die nachdenklich stimmt. 

Fazit: das Buch ist in einem ruhigen Ton geschrieben, obwohl die Handlung mit Tempo vorangeht. Eine spezielle Geschichte, die vor allem sozialpolitische Fragen aufwirft.

 

3.

Oesterreichische Literatur 🇦🇹

Die Nachricht *

von Doris Knecht, 256 S

 

Eine Frau – eine Nachricht – eine Verunsicherung. In ihrem neuen Roman schreibt Doris Knecht über familiäre Geheimnisse und die fatalen Folgen von Frauenverachtung und digitaler Gewalt.

Die Nachricht handelt von Frauen, deren Souveränität stets aufs Neue infrage gestellt wird – und von den Lügen, die wir gerade den Menschen erzählen, die uns am nächsten stehen. Vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes lebt Ruth allein in dem Haus auf dem Land, wo die Familie einst glücklich war. Die Kinder haben längst ihr eigenes Leben, während Ruth das Alleinsein zu schätzen lernt. Bis sie eines Tages eine anonyme Messenger-Nachricht bekommt, von einer Person, die mehr über ihre Vergangenheit zu wissen scheint als Ruth selbst.
Doris Knecht schreibt über eine Frau, die plötzlich zur Verfolgten wird, und erweist sich einmal mehr als virtuose Skeptikerin zwischenmenschlicher Beziehungen.

Fazit: wiederum ein Roman von Doris Knecht bei dem man fasziniert immer weiter lesen will. Hat mir sehr gut gefallen.

 

2.

Amerikanische Literatur 🇬🇧

Wo ich mich finde *

von Jhumpa Lahiri, 160 S 

 

Nach "Tiefland" ist dies der lange erwartete neue Roman der Pulitzer-Preisträgerin Jhumpa Lahiri. Eine allein lebende Italienerin in den Vierzigern: unsicher, scheu, orientierungslos, sich selbst fremd. Die Arbeit als Universitätsangestellte garantiert ihr einen unspektakulären Tagesablauf. Sie begibt sich stets an dieselben, ihr vertrauten Orte, in ihre Lieblingsbar, die Schwimmhalle, die Buchhandlung um die Ecke. An den Wochenenden besucht sie ihre alte Mutter. Ihre Einsamkeit lässt sie die Menschen um sich herum genau betrachten - auf der Strasse, bei der Maniküre, im Supermarkt, im Zug. Die Tage vergehen, die Jahreszeiten wechseln. Und eines Tages, bei einem Ausflug ans Meer, geschieht etwas Unerwartetes. Sie trifft eine Entscheidung, die sie selbst überrascht.

Fazit: unaufgeregt erzählt Lahiri vom täglichem Leben in kurzen Episoden. Sehr schön zu Lesen.

 

 1.

Schweizer Literatur 🇨🇭

Die Erfindung des Ungehorsams *

von Martina Clavadetscher, 288 S

 

Hitze, Regen, beissender Gestank. Iris tigert in Manhattan durch ihr Penthouse und wartet voller Ungeduld auf die nächste Dinnerparty, die ihr wieder ein wenig Leben einhaucht. Ling, angestellt in einer Sexpuppenfabrik im Südosten Chinas, kontrolliert künstliche Frauenkörper auf Herstellungsfehler, bevor sie sich abends bei Filmklassikern in ihre Einsamkeit zurückzieht. Und im alten, düsteren Europa folgt Ada ihren mathematischen Obses-sionen, träumt von Berechnungen und neuartigen Maschinen, das Ungeheuerliche stets im Kopf. Drei Frauen in drei Welten: Sie alle sind auf der Suche nach einer Antwort – nach dem Kern der Dinge. Und sie alle sind, ohne es zu ahnen, miteinander verbunden.

»Martina Clavadetscher nutzt das uralte Potenzial des Erzählens als Möglichkeitsraum und erschafft das Zusammenleben von Mensch und Maschine neu – nicht als angstbesetzte Dystopie, sondern als utopische Gegenwart (die künstlichen Frauen gibt es ja tatsächlich). Erzählt wird dies mit staunenswerter Lebendigkeit und Humor. Die Faszination dieses Romans verdankt sich nämlich nicht nur seinen aussergewöhnlichen Geschichten, dem anschaulichen Einblick in die Fabrikwelt in Guandong und dem teils befremdlichen Personal, sondern zuallererst Clavadetschers Sprache. Es ist eine Sprache voller Dinge und Gedanken, voller Bewegung und Lichtwechsel. In ihrem realitätsgesättigten und zugleich kunstvollen Erzählen verschmilzt die 41–jährige Autorin Lyrik, Drama und Prosa. Die Zeilenbrüche geben der verdichteten Sprache Rhythmus und Raum – und führen ins Freie, in die offene Welt unerhörter Geschichten. Auch das beweist dieses Buch: Schweizer Gegenwartsliteratur kann auch anders, als von eigenen Befindlichkeiten zu erzählen."

Fazit: dieses Buch, mit dem Schweizerischen Literaturpreis ausgezeichnete Werk, war für mich ein „harter Brocken“ zum Lesen. Trotzdem konnte ich das Buch nicht auf die Seite legen. Sehr speziell geschrieben.

 

 

 

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Die Länderflaggen beziehen sich auf die Herkunft des Autors/der Autorin.

Seit 26.05.2016

Überarbeitet Februar 2018