40.
Italienische Literatur 🇮🇹
Wenn ich wieder komme *
von Marco Balzano, 320 S
Sie lassen die eigene Familie zurück, um sich um fremde Menschen zu kümmern – die Frauen aus Osteuropa. Daniela ist eine von ihnen. Sie arbeitet in Mailand, rund um die Uhr, ist zuverlässig und liebevoll als Pflegerin und als Kinderfrau. Doch je mehr sie fremden Familien hilft, desto heftiger vermisst sie die eigenen Kinder. Als ihrem heranwachsenden Sohn etwas zustösst, muss sie eine Entscheidung treffen.
Fazit: die Bücher von Marco Balzano greifen immer interessante Themen auf. Dieses hier geht einem besonders „unter die Haut“.
39.
Amerikanische Literatur 🇬🇧
Der Sohn der Stadt *
Kent Harf, 288 S
Acht Jahre sind vergangen, seit Jack Burdette – einstiger Liebling der Kleinstadt und bewunderter Footballstar – über Nacht verschwand und damit um Geld betrogene wütende Farmer und seine schwangere Frau samt Kindern zurückliess. Und dann ist er plötzlich wieder da, in einem roten Cadillac mitten auf der Main Street, und legt damit nicht nur den Finger in alte, nicht verheilte Wunden, sondern setzt Geschehnisse in Gang, die jeden Bewohner Holts treffen.
Fazit: auch dieses Buch, des im Jahr 2014 verstorbenen Schriftstellers Kent Haruf, handelt aus der Kleinstadt Holt. Sein präziser und kurzer Schreibstil gefällt mir sehr.
38.
Französische Literatur 🇫🇷
Die Ruchlosen *
von Philippe Djian, 208 S
Marc lebt mit seiner Schwägerin Diana in einer Stadt am Meer und kümmert sich seit dem Tod ihres Mannes leicht manisch, aber liebenswert um sie. Eines Tages findet er am Strand drei prallvolle Päckchen mit Koks. Er möchte die Ware für gutes Geld verkaufen, doch bald läuft alles aus dem Ruder. Freundschaften zerschellen, Liebe flirtet mit Verbrechen – und mitten aus dem Chaos erwachsen überraschende neue Bindungen und Gefühle.
Fazit: ein harter Krimi, viele brutale Stellen, schwierig zu lesen und trotzdem ein tolles Buch.
37.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Das Archiv der Gefühle
von Peter Stamm, 192 S
Peter Stamms Roman »Das Archiv der Gefühle« fragt, ob wir im Leben unsere Chancen erkennen? Die Sängerin Fabienne heisst eigentlich Franziska, und es ist vierzig Jahre her, dass sie eng befreundet waren und er ihr seine Liebe gestand. Fast ein ganzes Leben. Seitdem hat er alles getan, um Unruhe und Unzufriedenheit von sich fernzuhalten. Er hat sich immer mehr zurückgezogen und nur noch in der Phantasie gelebt. Er hat sein Leben versäumt. Aber jetzt taucht Franziska wieder auf. Gefährdet das seine geschützte Existenz, oder nimmt er diese zweite Chance wahr?
Fazit: An diesem Roman habe ich lange gelesen. Ob es sich lohnt muss jeder selber entscheiden. Dies ist eine anregende aber langatmige Erzählung, oft weiss ich erst hinterher, dass es nur Wunschdenken war.
36.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Die Enkelin *
von Bernhard Schlink, 368 S
Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Grossvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.
Fazit: Alle Jahre wieder ein Buch von Bernhard Schlink. Auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht. Aber „die Enkelin“ hat es in sich. So gut geschrieben, faszinierend von Anfang bis Ende!
35.
Kurdische/Deutsche Literatur
Mein Onkel, den der Wind mitnahm *
von Ali Bachtyar, 160 S
Djamschid Khan ist hinter dicken Gefängnismauern dünn geworden. Leicht wie Papier, sodass ihn eines Tages ein Windstoss erfasst und ihn fortträgt, über die Mauern des Gefängnisses hinweg und hinaus in die weite Welt. Djamschid Khan ist hinter dicken Gefängnismauern dünn geworden. Leicht wie Papier, sodass ihn eines Tages ein Windstoss erfasst und ihn fortträgt, über die Mauern des Gefängnisses hinweg und hinaus in die weite Welt. Eine schwerelose, berührende, auch tragische Geschichte vom sich Verlaufen, vom neu Beginnen und der Frage, wohin wir eigentlich unterwegs sind.
Fazit: eine ungewöhnliche Geschichte auf die man sich einlassen muss, dann wird das Lesen zum Erlebnis!
34.
Deutsch/Tschechische Literatur🇩🇪
Bergland
Von Jarka Kubsova, 288 S
Wer in diesen Zeiten eine kleine Auszeit vom nervigen Alltag braucht und Urlaub vom hier und jetzt machen möchte, der sollte mit diesem Buch nach Südtirol reisen. Südtirol in den vierziger Jahren: Im abgelegenen Tiefenthal staunen selbst gestandene Bauern, als ihnen eine junge Frau vormacht, wie man einen Hof ganz alleine durchbringt. Rosa heisst die Frau, die die Natur versteht und lenkt, als habe sie nie etwas anderes getan. Mit aller Macht stemmt sie sich gegen den Fortschritt, der ihr kleines Reich in den Bergen bedroht. Zwei Generationen später sind Rosas Enkel Hannes und seine Frau Franziska auf Feriengäste angewiesen, um den Hof zu halten. Als nach einem Unglück ihre Zukunft auf dem Spiel steht, erweist sich Rosas Vermächtnis als aktueller denn je.
Fazit: Das Buch hat mir gut gefallen, einzelne längere Abschnitte über die Landwirtschaft kann man überspringen.
33.
Amerikanische Literatur 🇬🇧
Unter Freunden *
Von Cynthia D’Aprix Sweeenex,
352 S
Flora und Julian hatten es nicht immer leicht. In New York mussten die Schauspieler ihr mühsam verdientes Geld zusammenkratzen, um ihre kleine Familie und Julians Theaterensemble über Wasser zu halten. Als in der glitzernden Filmwelt von Los Angeles sichere Jobs und die Wiedervereinigung mit Floras bester Freundin Margot winken, greifen sie zu. Und tatsächlich erlaubt ihnen ihr neuer Lebensentwurf, einen Gang runterzuschalten und ihrer Tochter entspannt beim Aufwachsen zuzusehen. Doch dann findet Flora am Abend von Rubys Highschool-Abschluss den Ehering ihres Mannes – jenen Ring, den Julian angeblich vor Jahren an einem Sommertag beim Schwimmen verloren hat. Floras Sicherheiten geraten ins Wanken. Wurde ihr neues Leben auf einer Lüge erbaut? Bestsellerautorin Cynthia Sweeney erzählt mit grossem Einfühlungsvermögen und Humor von den Herausforderungen lebenslanger Beziehungen und ihrer grossen Kraft.
Fazit: das Buch ist gut geschrieben und hat mir gefallen. Etwas viel Hollywood und einige Längen kamen vor. Das letzte Buch „das Nest“ hat mir persönlich aber viel besser gefallen.
Demnächst
32.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Schöner denn je *
von Hans-Ulrich Treichel, 175 S
Einmal so wie Erik sein! Das hat sich Andreas immer gewünscht und sich von Jugend an um eine Freundschaft mit dem zwar stets höflichen und beneidenswert gelassenen, aber letztlich unnahbaren Erik bemüht. Doch Erik ist nicht nur der Bessere, was die Schulnoten, die Beliebtheit bei den Mädchen oder den Sport betrifft. Auch zwanzig Jahre später, als sie sich in Berlin zufällig begegnen, ist aus Andreas nur ein Romanist in der Lehrerfortbildung geworden, während Erik es als Filmarchitekt in die glamouröse Welt Hollywoods und in die Nähe bekannter Filmstars geschafft hat – zum Beispiel Hélènes, einer weltberühmten Schauspielerin, für die wiederum Andreas sein Leben lang geschwärmt hat. Ohne zu ahnen, dass ausgerechnet diese Hélène von der Leinwand herabsteigt und für einige Tage leibhaftig in sein Leben treten wird. Dank Erik zwar, aber ohne ihn.
Fazit: Konnte das Buch nicht fertig lesen. Es hat mir nicht zugesagt.
31.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Junge mit schwarzem Hahn *
Von Stefanie von Schulte, 240 S
Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd auf dem Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den Jungen, der zu ungewöhnlich ist. Viel zu klug und liebenswürdig. Sie behandeln ihn lieber schlecht, als seine Begabungen anzuerkennen. Als Martin die Chance ergreift und mit dem Maler zieht, führt dieser ihn in eine schauerliche Welt, in der er dank seines Mitgefühls und Verstandes widerstehen kann und zum Retter wird für jene, die noch unschuldiger sind als er.
Fazit: dies ist kein einfach zu lesender Roman, aber lesenswert. Ein Märchen aus dem tiefen Mittelalter, grausam aber weise.
30.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Der Brand *
von Daniela Krien, 272 S
Rahel und Peter sind seit fast 30 Jahren verheiratet. Sie sind angekommen in ihrem Leben, sie schätzen und achten einander, haben zwei Kinder grossgezogen. Erst leise und unbemerkt, dann mit einem grossen Knall hat sich die Liebe aus ihrer Ehe verabschiedet. Ein Sommerurlaub soll bergen, was noch zwischen ihnen geblieben ist, und die Frage beantworten, wie und mit wem sie das Leben nach der Mitte verbringen wollen.
Fazit: Sehr guter Roman, aus dem Alltagsleben, mit viel Psychologie. Mir gefällt der Schreibstiel von Daniela Krisen, oft sehr fein, aber nicht langweilig.
29.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Der grosse Sommer *
Von Ewald Arenz, 320 S
Die Zeichen auf einen entspannten Sommer stehen schlecht für Frieder: Nachprüfungen in Mathe und Latein. Damit fällt der Familienurlaub für ihn aus. Ausgerechnet beim gestrengen Grossvater muss er lernen. Doch zum Glück gibt es Alma, Johann - und Beate, das Mädchen im flaschengrünen Badeanzug. In diesen Wochen erlebt Frieder alles: Freundschaft und Angst, Respekt und Vertrauen, Liebe und Tod. Ein grosser Sommer, der sein ganzes Leben prägen wird. Hellsichtig, klug und stets beglückend erzählt Ewald Arenz von den Momenten, die uns für immer verändern.
Fazit: ein wunderbar zärtlich geschriebener Roman, der einem an die eigene Kindheitnzurückführt.
28.
Niederländische Literatur 🇳🇱
Das Haus an der Keizersgracht *
von Rinske Hillen, 272 S
Der Naturphilosoph Bram Wenksterman lebt in einem Haus an der Keizersgracht in Amsterdam, das seit Generationen im Besitz seiner Familie ist. Alles und alle um ihn herum befinden sich in einer Art Auflösung. Das Haus verrottet ihm buchstäblich unter den Füssen weg, seine Tochter Amber hat gerade ihr Studium geschmissen, und Wenksterman hat seine Frau in eine psychiatrische Einrichtung einweisen müssen. Ein schlechter Zeitpunkt, um seinen millionenschweren Schwiegervater um Geld anzugehen. Dass er mit der Cousine seiner Frau ein Verhältnis begonnen hat, erleichtert die Sache nicht. Aber am meisten ärgert den alten Mann, dass seine Enkelin Amber nichts über das Familiengeheimnis weiss – vorher wird er keinen Cent herausrücken.
Das Haus an der Keizersgracht ist von der wahren Geschichte zweier Grachtenhäuser inspiriert. In dem streng komponierten Roman spielt sich das Geschehen in nur drei Tagen ab – und endet mit einem gewaltigen Schutthaufen.
Fazit: Ein feines Buch, für mich wunderbar beobachtet und geschrieben.
27. Britische Literatur 🇬🇧
Heim schwimmen *
von Deborah Levy, 168 S
Es ist heiss. Sehr heiss. Sie sind aus London gekommen, um in einem
Haus bei Nizza Ferien zu machen: Das Ehepaar Jozef und Isabel Jacobs, er Schriftsteller, sie Kriegsbericht-erstatterin; die beiden teilen
schon lange nichts mehr, ausser der Zeit, die sie miteinander verbracht haben. Ihre vierzehnjährige
Tochter Nina, die wenig von ihren Eltern hält, aber umso mehr in pubertäre Gefühlsschwankungen verstrickt ist. Schliesslich ein befreundetes Ehepaar, dessen Laden gerade
pleitegeht. Beste Voraussetzungen für geruhsame Ferien. Tatsächlich bricht schon bald das Unheil herein. Ein nackter Frauenkörper treibt im Schwimmbad. Aber diese junge Frau namens
Kitty Finch ist nicht tot. Schwankend zwischen verletzlich und exaltiert, nistet sich die selbsternannte Botanikerin mit den grüngelackten Nägeln in der Villa ein und mischt die
ohnehin komplizierte Lage auf. Und sie wünscht sich nichts mehr, als dass der Dichter sich mit ihr und ihrem Gedicht »Heim schwimmen« beschäftigt.
Deborah Levy gelingt es, in 160 Seiten und sieben erzählten Tagen ein beunruhigendes und doch vertrautes Familienpanorama zu zeichnen – unbehauste Personen, unfähig zu
einem gemeinsamen Zuhause. Ein wahrer Albtraum, wäre das Buch nicht voller witziger Episoden und komischer
Figuren.
Fazit: an diesem Buch fand ich nichts witzig, lohn sich nicht.
26.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Daheim
von Judith Hermann, 192 S
Ihre Tochter ist eine Reisende, unterwegs in der Ferne. Ihrem Exmann schreibt sie kleine Briefe, in denen sie erzählt, wie es ihr geht, in diesem neuen Leben am Meer und im Norden. Sie richtet sich ein Haus ein, schliesst vorsichtige Freundschaften, versucht eine Liebe, fragt sich, ob sie heimisch werden könnte oder ob sie weiterziehen soll. Judith Hermann erzählt von einer Frau, die vieles hinter sich lässt, Widerstandskraft entwickelt und in der intensiven Landschaft an der Küste eine andere wird. Sie erzählt von der Erinnerung. Und von der Geschichte des Augenblicks, in dem das Leben sich teilt, eine alte Welt verlorengeht und eine neue entsteht.
Fazit: Hochgelobtes Buch, mit dem ich nicht warm wurde.
25.
Östereichische Literatur 🇦🇹
Die Liebe Geld *
Daniel Glattauer, 112 S
Alfred braucht Geld für ein Geschenk zum Hochzeitstag und erlebt ein Trauma. Der Geldautomat verwehrt ihm seit Tagen den Zugriff auf sein Konto. Die Betreuerin versichert ihm, dass es seinen Ersparnissen gut gehe, dass sie aber gerade auf „Geschäftsreise“ seien. Und der smarte Bankdirektor will über alles reden, nur nicht über Finanzen, dieses Thema langweilt ihn zu Tode. Lieber präsentiert er dem verzweifelten Kunden die Bank der Zukunft, die das Menschliche in den Vordergrund stellt. – Was vor allem bei Ulli, Alfreds Ehefrau, überraschend gut ankommt …
Fazit: eine Komödie zum Besten!
24.
Französische Literatur 🇫🇷
Der Schneelepoard *
Von Sylvan Tesson, 192 S
Der Schneeleopard» war das erfolgreichste französischsprachige Buch des Jahres 2019.
Gemeinsam mit dem Fotografen Vincent Munier reist der Abenteurer und Schriftsteller Sylvain Tesson nach Tibet, um sich auf die Suche nach einem der seltensten Tiere dieser Erde zu begeben - dem Schneeleoparden. Ob sie dem Tier begegnen werden? Ungewiss. Auf über 4000 Metern, fernab vom Lärm der Zivilisation, hinterfragt Tesson eine Welt, in der kaum noch Raum bleibt für das Ungebändigte und die Entfaltung der Schönheit der Natur. Entstanden ist ein aufrüttelndes, preisgekröntes, kraftvolles Werk, dessen Sog man sich nicht entziehen kann: Eine meditative Reise in die weisse Stille des Himalaya, eine Lektüre gegen die Hektik unseres Alltags und die Zerstörung der Welt.
Fazit: hier kommt Philosophisches mit Erlebtem in kurzen, sehr schön geschriebenen Texten zusammen, wunderbar. Kleine Kapitel für jeden Abend eines.
23.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Der Schatten über dem Dorf
Arnon Camenisch, 104 S
Arno Camenisch erzählt in seinem Roman von einem Dorf in Graubünden, das von einer Tragödie überschattet wird. Die Tragödie geschah eineinhalb Jahre, bevor der Erzähler auf die Welt kam. Davon handelt dieses Buch, es ist Arno Camenisch persönlichstes Buch, in einem berührenden Ton und mit grosser Klarheit erzählt Arno Camenisch vom Leben und vom Tod und von den Menschen, die von uns gingen und die wir weiter im Herzen tragen. Es ist ein Buch über den Umgang mit Verlust und das Vergehen der Zeit, und es ist ein Buch über die Zuversicht, dass mit dem Frühling die Sonne wieder ins Leben zurückkehrt.
Fazit: hier lernt man ein ganz anderen Arno Camenisch kennen. Wunderschön!
22.
Russische Literatur
Der ehemalige Sohn *
von Sasha Filipenko, 320 S
Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber geniesst er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine Eltern, seine Freundin, die Ärzte, geben ihn auf. Nur seine Grossmutter ist überzeugt, dass er eines Tages wieder die Augen öffnen wird. Und nach einem Jahrzehnt geschieht das auch. Aber Zisk erwacht in einem Land, das in der Zeit eingefroren scheint.
Fazit: eine politische Satire vom Feinsten. Schon sein erstes Buch „Rote Kreuze“ hat mir gut gefallen.
21.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Untertags *
von Urs Faes, 239 S
Ein Mann und eine Frau lernen sich in den späten Jahren ihres Lebens kennen und erfahren noch einmal tiefe Zuwendung und
Glück, im Alltag und auf Reisen in die Landschaft seiner Jugend – die Rocky Mountains in Wyoming. Doch neben die Freuden treten bald die Gebrechen des Alters, Jakov neigt zunehmend zu
Zerstreutheit. Ein Name bleibt aus, ein Termin wird versäumt, ein Kehrichtsack landet im Teich des Nachbarn. Die ärztliche Untersuchung zeigt: Jakovs Gedächtnis ist nicht nur lückenhaft geworden.
Seine Orientierung wird weiter schwinden, seine Sprache versiegen. Herta bemüht sich um Zuversicht, aber je mehr Jakov den Bezug zur Welt verliert und von der Vergangenheit eingeholt wird – einer
frühen Liebe, dem Zerwürfnis mit dem Vater –, desto mehr braucht auch sie Unterstützung.
Mit grosser Zartheit nähert sich Urs Faes einem Paar unter dem Eindruck der Krankheit. Er erzählt von innigen Momenten und wachsender Entfernung, von Fürsorge und Erschöpfung, von der
Verunsicherung, wenn einer sich selbst abhandenkommt und lange Verdrängtes plötzlich wieder Gegenwart wird. Und von der Kraft der Einfühlung, einer Verständigung jenseits der Worte.
Fazit: ein sehr feinfühliger Roman, der mich sehr berührte, ohne Sentimentalität. Wer sich für das Thema interessiert wird Freude haben.
20.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Vom Aufstehen *
von Helga Schubert, 224 S
Ein Jahrhundertleben – verwandelt in Literatur. Drei Heldentaten habe sie in ihrem Leben vollbracht, erklärt Helga Schuberts Mutter ihrer Tochter: Sie habe sie nicht abge-trieben, sie im Zweiten Weltkrieg auf die Flucht mitgenommen und sie vor dem Einmarsch der Russen nicht erschossen. Helga Schubert erzählt in kurzen Episoden und klarer, berührender Sprache ein Jahrhundert deutscher Geschichte – ihre Geschichte, sie ist Fiktion und Wahrheit zugleich. Mehr als zehn Jahre steht sie unter Beobachtung der Stasi, bei ihrer ersten freien Wahl ist sie fast fünfzig Jahre alt. Doch erst nach dem Tod der Mutter kann sie sich versöhnen: mit der Mutter, einem Leben voller Widerständen und sich selbst.
Fazit: ich konnte das Buch nicht fertig lesen, einfach ganz schwere Kost.
19.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Über Menschen
Von Julie Zeh, 416 S
Dora ist mit ihrer kleinen Hündin aufs Land gezogen. Sie brauchte dringend einen Tapetenwechsel, mehr Freiheit, Raum zum Atmen. Aber ganz so idyllisch wie gedacht ist Bracken, das kleine Dorf im brandenburgischen Nirgendwo, nicht. In Doras Haus gibt es noch keine Möbel, der Garten gleicht einer Wildnis, und die Busverbindung in die Kreisstadt ist ein Witz. Vor allem aber verbirgt sich hinter der hohen Gartenmauer ein Nachbar, der mit kahlrasiertem Kopf und rechten Sprüchen sämtlichen Vorurteilen zu entsprechen scheint. Geflohen vor dem Lockdown in der Grossstadt muss Dora sich fragen, was sie in dieser anarchischen Leere sucht: Abstand von Robert, ihrem Freund, der ihr in seinem verbissenen Klimaaktivismus immer fremder wird? Zuflucht wegen der inneren Unruhe, die sie nachts nicht mehr schlafen lässt? Antwort auf die Frage, wann die Welt eigentlich so durcheinandergeraten ist? Während Dora noch versucht, die eigenen Gedanken und Dämonen in Schach zu halten, geschehen in ihrer unmittelbaren Nähe Dinge, mit denen sie nicht rechnen konnte. Ihr zeigen sich Menschen, die in kein Raster passen, ihre Vorstellungen und ihr bisheriges Leben aufs Massivste herausfordern und sie etwas erfahren lassen, von dem sie niemals gedacht hätte, dass sie es sucht. Juli Zehs neuer Roman erzählt von unserer unmittelbaren Gegenwart, von unseren Befangenheiten, Schwächen und Ängsten, und er erzählt von unseren Stärken, die zum Vorschein kommen, wenn wir uns trauen, Menschen zu sein.
Fazit: unbedingt lesen! Wer schon Bücher von Julie Zeh gelesen hat, wird auch dieses Buch lieben.
18.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Unter Wasser Nacht *
von Kristina Hauff, 288 S
Wie lebt man weiter nach einem grossen, unerklärlichen Verlust? Mit psychologischem Gespür erzählt Kristina Hauff eine Geschichte voller Hoffnung und Trauer und vom Wert der Freundschaft. n den idyllischen Elbauen im Wendland teilen zwei Paare Hof, Scheune und Kräutergarten - doch ihre einst enge Freundschaft ist zerbrochen. Thies und Sophie trauern um ihren Sohn Aaron, der unter ungeklärten Umständen ertrank. Allein mit ihren Schuldgefühlen müssen sie Tag für Tag Ingas und Bodos scheinbar perfektes Familienglück mit ansehen. Bis ein Jahr nach Aarons Tod eine Fremde in den Ort kommt und ans Licht bringt, was die vier Freunde lieber verschwiegen hätten. Atmosphärisch und feinfühlig schreibt Kristina Hauff von tiefer Verbundenheit, von schamvollen Geheimnissen und von Schmerz, aus dem neue Hoffnung wächst.
Fazit: ein vielschichtiges Buch, toll und spannend erzählt.
17.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Der Riss im Stoff des Lebens *
von Verena Stefan, 240 S
Mit unbestechlicher Ehrlichkeit erzählt Verena Stefan von ihren Erfahrungen, begleitet von Wut und Traurigkeit, aber auch von Liebe und Humor.
Vierzehn Jahre lang kämpfte Verena Stefan, nachdem sie 2002 die Diagnose Krebs erhielt. Fast so lange schrieb sie auch über
ihre Erfahrungen nicht nur mit der Krankheit, sondern auch als Schweizerin in Kanada, über ihre Beziehung zur Natur und ihr Leben als Autorin, Feministin und Lesbe. Entstanden ist ein
literarisches Memoir.
Reflexionen auf der physischen, psychologischen und spirituellen Ebene: »Ein Riss im Stoff des Lebens« ist ein literarischer, manchmal sogar lyrischer Text. Mit ihrem letzten Buch spricht Verena
Stefan LeserInnen an, die selbst vom Krebs betroffen sind oder andere unterstützen möchten, die mit der Krankheit leben müssen. Sie nimmt auch die sozialen, politischen und philosophischen
Komponenten der Erkrankung in den Blick.
Fazit: schwere Kost und schwer zu Lesen.
16.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Die Glocken von San Pantalon,
ein venezianisches Tagebuch *
von Klara Obermüller, 170 S
Für ihr 2016 erschienenes Buch «Spurensuche» hat Klara Obermüller eine Reihe von Auszeichnungen erhalten, darunter auch ein Writer-in-Residence-Stipendium der Forbergstiftung in Venedig. Vier Monate, von Dezember 2017 bis April 2018, hat sie, frei von jeglicher Verpflichtung, im Palazzo Castelforte verbracht und sich dabei vom Geläut der Glocken von San Pantalon durch den Tag begleiten lassen.
Von diesem Aufenthalt hat Klara Obermüller ein Tagebuch mitgebracht, das jetzt in Buchform vorliegt. Darin lädt die Autorin ihre Leserinnen und Leser ein, sie auf ihren Streifzügen durch die Lagunenstadt zu begleiten. Sie lässt
sie teilhaben an ihren ganz persönlichen Betrachtungen zum Leben, zum Älterwerden, zu Vergänglichkeit und Tod. Und wie schon in ihrem Buch «Spurensuche» nimmt sie Sie mit zu den Orten der Erinnerung, die in ihrem Leben eine besondere Rolle gespielt haben.
Zum Abschluss des Buches verrät Klara Obermüller ihre ganz persönlichen Lieblingsorte – Plätze, Museen, Kirchen, Geschäfte, Restaurants und Bars – und gibt Einblick in ein Venedig, wie es sich nicht in drei Tagen erkunden lässt.
Fazit: ein schönes und interessantes Buch, welches durch Venedig und zu sich selbst führt.
15.
Schweizerische/Deutsche Literatur 🇨🇭🇩🇪
Hard Land
von Benedict Wells, 352 S
Missouri, 1985: Um vor den Problemen zu Hause zu fliehen, nimmt der fünfzehnjährige Sam einen Ferienjob in einem alten Kino an. Und einen magischen Sommer lang ist alles auf den Kopf gestellt. Er findet Freunde, verliebt sich und entdeckt die Geheimnisse seiner Heimatstadt. Zum ersten Mal ist er kein unscheinbarer Aussenseiter mehr. Bis etwas passiert, das ihn zwingt, erwachsen zu werden. Eine Hommage an 80’s Coming-of-Age-Filme wie ›The Breakfast Club‹ und ›Stand By Me‹ – die Geschichte eines Sommers, den man nie mehr vergisst.
Fazit: ein schöner und guter Roman, für den man sich Zeit zum Lesen nehmen sollte. Manchmal fehlte mir etwas Dynamik, aber ich denke diese Langsamkeit ist gewollt. Wer durchhält wird belohnt.
14.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Vati
Von Monika Helfer, 176 S
Ein Mann mit Beinprothese, ein Abwesender, ein Witwer, ein Pensionär, ein Literaturliebhaber. Monika Helfer umkreist das Leben ihres Vaters und erzählt von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Von dem vielen Platz und der Bibliothek im Kriegsopfer-Erholungsheim in den Bergen, von der Armut und den beengten Lebensverhältnissen. Von dem, was sie weiss über ihren Vater, was sie über ihn in Erfahrung bringen kann. Mit grosser Wahrhaftigkeit entsteht ein Roman über das Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen, eine Suche nach der eigenen Herkunft. Ein Erinnerungsbuch, das sanft von Existenziellem berichtet und schmerzhaft im Erinnern bleibt. „Ja, alles ist gut geworden. Auf eine bösartige Weise ist alles gut geworden.“
Fazit: schon das erste Buch von Monika Helfer hat mich sehr berührt. Auch „Vati“ gefällt mir sehr. Eine so schwierige und traurige Geschichte kann nur mit Hilfe des Humors erzählt werden und das ist hier perfekt gelungen.
13.
Australische Literatur 🇳🇿
Zugvögel *
von Charlotte McConaghy, 400 S
Auf der Suche nach Erlösung folgt eine junge Frau den letzten Küstenseeschwalben in die Antarktis. Franny hat ihr ganzes Leben am Meer verbracht, die wilden Strömungen und gefiederten Gefährten den Menschen vorgezogen. Als die Vögel zu verschwinden beginnen, beschließt die Ornithologin den letzten Küstenseeschwalben zu folgen. Inmitten der exzentrischen Crew eines der letzten Fischerboote macht sie sich auf den Weg in die Antarktis. Schutzlos ist die junge Frau den Naturgewalten des Atlantiks ausgeliefert, allein die Vögel sind ihr Kompass. Doch wohin die Tiere sie auch führen, vor ihrer Vergangenheit kann Franny nicht fliehen. Ihr folgt das Geheimnis eines Verbrechens, die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe. Und schon bald entwickelt sich die Reise zu einem lebensbedrohlichen Abenteuer.Charlotte McConaghys »Zugvögel«, in deutscher Übersetzung von Tanja Handels, ist eine Ode an die wilden Geschöpfe dieser Erde und eine bewegende Geschichte über die Wege, die wir für die Menschen gehen, die wir lieben.
Fazit: ein schöner und spannender Roman, für mich wirkt er ein wenig über-laden und kitschig.
12.
Dänische Literatur
Kindheit *
von Tove Ditlevsen, 118 S
In "Kindheit" erzählt Tove Ditlevsen vom Aufwachsen im Kopenhagen der 1920er Jahre in einfachen Verhältnissen. Tove passt dort nicht hinein, ihre Kindheit scheint wie für ein anderes Mädchen gemacht. Die Mutter ist unnahbar, der Vater verliert seine Arbeit als Heizer. Sonntags muss Tove für die Familie Gebäck holen gehen, so viel, wie in ihre Tasche hineinpasst, und das ist alles, was es zu essen gibt. Zusammen mit ihrer Freundin, der wilden, rothaarigen Ruth, entdeckt Tove die Stadt. Sie zeigt ihr, wo die Prostituierten stehen, und geht mit ihr stehlen. Aber eigentlich interessiert sich Tove für die Welt der Bücher und hat den brennenden Wunsch, Schriftstellerin zu werden - und dafür ist sie bereit, das Leben, wie es für sie vorgezeichnet scheint, hinter sich zu lassen.
Fazit: der erste Band von Tove Ditlevens Triologie ist etwas ganz spezielles. Sprachlich wunderschön, doch spricht das Kind oft wie eine Erwachsene, was mich etwas befremdet. 12.
11.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Die Erfindung des Countdowns *
von Daniel Mellen, 288 S
Nach dem Ersten Weltkrieg bricht das Zeitalter der Utopien an. 1920 zieht es den jungen Hermann Oberth von Siebenbürgen nach Göttingen, um Physik zu studieren - die spannendste Wissenschaft der Zeit. Hermann will den Menschheitstraum von der Mondrakete verwirklichen. Als der Durchbruch nah ist, weisen seine Professoren ihn ab.
Seine lebenslustige Frau Tilla versucht, einen gemeinsamen Alltag als Familie zu ermöglichen, als doch jemand an Hermanns Forschung glaubt: Wernher von Braun, Mitglied der SS. Doch statt der Mondrakete soll Hermann die V2 mitentwickeln, eine »Vergeltungswaffe« für die Nazis. Seine Kinder Ilse und Julius verliert er an den Krieg. Und so stellt sich ihm und auch Tilla mit voller Wucht die Frage nach der eigenen Verantwortung für die Geschichte.
Fazit: die Lebensgeschichte von Hermann Oberth ist in diesem Buch faszinierend beschrieben und man will immer weiter lesen. Doch er hat einen schwierigen und sturen Charakter und man denkt oft, warum nur. Er hätte so viele Möglichkeiten gehabt. Das Zeitgeschehen wird deutlich wiedergegeben. Die Geschichte des Buches zieht einem immer weiter und doch ist man oft etwas deprimiert wegen der Kriegstreiberei und des Nationalismus. Trotz allem ist das Buch ist lesenswert.
10.
Französische Literatur 🇫🇷
Die Annonce
von Marie-Hélène Lafon, 180 S
Paul, 46, ist Bauer in der Auvergne. Mitten im Nirgendwo, auf tausend Metern Höhe, betreibt er den familieneigenen Hof. Nur will er nicht wie seine beiden alten Onkel als Junggeselle enden und gibt eine Annonce auf. In einer tristen Industriestadt am anderen Ende Frankreichs hat Annette, 37, gerade eine gescheiterte Beziehung mit einem straffälligen Alkoholiker hinter sich. Einen Vater im Gefängnis möchte sie ihrem elfjährigen Sohn Éric nicht auch noch zumuten, und sie reisst die Annonce aus der Zeitschrift aus. Nach ersten Treffen auf halber Strecke hat Annette ausser ein paar Fotos von einer unbekannten Welt besonders Pauls Hände vor Augen – Hände, die auf sie warten. Sie geht das Wagnis ein und zieht mit Éric und ein paar Möbeln aufs Land. Doch der Empfang ist frostig. Pauls sture Onkel und seine Schwester Nicole lassen die beiden Neuankömmlinge unmissverständlich spüren, dass auf dem Hof kein Platz für sie ist. Mit plastischer, rhythmischer Sprache und einem untrüglichen Gespür für Seelenzustände erzählt Marie-Hélène Lafon, wie die Ankunft der Fremden in der bäuerlichen Bergwelt allen Beteiligten etwas abverlangt – und, trotz allem, eine leise Liebe geschieht.
Fazit: ein Kleinod für anspruchsvolle Leser!
9.
Amerikanische Literatur 🇺🇸
Der Tod in ihren Händen *
Von Ottessa Moshfegn, 256 S
Nach „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ erzählt Ottessa Moshfegh in ihrem neuen Roman „Der Tod in Ihren Händen“ eine Kriminalgeschichte der anderen Art: spannend, beängstigend, bewegend.
Bei Sonnenaufgang läuft Vesta mit ihrem Hund eine Runde durch den Wald – die tägliche Routine einer einsamen alten Frau –, als sie einen
Zettel findet: „Ihr Name war Magda. Niemand wird je erfahren, wer sie getötet hat. Hier ist ihre Leiche.“
Obwohl von der jede Spur fehlt, lässt Vesta der Gedanke an einen Mord nicht mehr los. Wer war Magda? Und wer könnte ihr Mörder sein? Die Aufklärung dieser Fragen wird zu Vestas Mission. Doch je
tiefer sie sich in den Fall verstrickt, desto deutlicher treten ihre eigenen Abgründe hervor.
tessa Moshfegh, eine der aufregendsten Autorinnen unserer Zeit, schreibt in ihrem neuen Roman über Einsamkeit – und darüber, wie einfach es ist, nicht nur die anderen, sondern auch sich selbst zu belügen.
Fazit: ein schwieriges Buch.
8.
Amerikanische Literatur 🇺🇸
Wild Game
Meine Mutter, ihr Liebhaber und ich *
von Brodeur Adrienne, 272 S
Sprachgewaltig, mitreissend, erschütternd: „Wild Game“ der amerikanischen Schriftstellerin Adrienne Brodeur ist ein fesselndes Buch zum Thema
Mutter-Tochter-Verhältnis.
Adrienne hat eine umwerfende, strahlende Mutter, die der Mittelpunkt einer jeden Gesellschaft ist. Schon ihr Name Malabar strömt reine Exotik aus. Doch Malabar ist auch eine grosse
Egozentrikerin, und als sie sich in den besten Freund ihres Mannes verliebt, macht sie ihre Tochter zu ihrer engsten Vertrauten und stellt auf diese Weise das Mutter-Tochter-Verhältnis auf den
Kopf. Bald schon lebt Adrienne ganz für die aufregende Liebesgeschichte ihrer Mutter, statt ihre eigene Jugend auszukosten. Erst als erwachsene Frau ist sie in der Lage, die Mechanismen zu
erkennen, die ihr Leben geprägt haben. Und es gelingt ihr, sich mit ihrer Mutter auszusöhnen, die ihr die Jugend gestohlen hat.
Fazit: Auf den ersten 100 Seiten war ich schockiert und sogar gelangweilt. Dann nimmt das Buch Fahrt und Tiefe auf.
7.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Das Buch eines Sommers *
von Bas Kast, 240 S
Im Sommer seines Lebens hat Nicolas einen Traum. Er will Schriftsteller werden wie sein Onkel. Dann kommt das Leben dazwischen und die Firma seines Vaters, Verantwortung, Termine und lauter Zwänge. Als sein Onkel stirbt, verliert Nicolas den einzigen Menschen, der an ihn geglaubt hat. Doch überraschend findet er am unwahrscheinlichsten Ort den Schlüssel, der ihm hilft, zu dem zu werden, der er wirklich ist.
Fazit: ein schönes ruhiges Buch, das einen an die Hand nimmt und auf eine Reise mitnimmt, die im besten Fall zu einem selber führt. Für mich war es leicht zu kitschig.
6.
Deutsche Literatur 🇩🇪
Margherita
von Jana Revedin, 304 S *
1920: Die fünfundzwanzigjährige Margherita, die in ihrem Heimatstädtchen Treviso die Zeitungen austrägt, wird durch die Heirat mit dem adeligen Antonio Revedin zur First Lady Venedigs. Heute ist ihr Name vergessen: Doch Margherita verstand es, sich durch ihre unvoreingenommene Art zum Mittelpunkt einer sich neu erfindenden Stadt zu machen. Peggy Guggenheim wird ihre beste Freundin, und die Künstlerfeste auf der Terrasse des Hotel Excelsior, zu denen sie Greta Garbo, Coco Chanel, Clark Gable oder Pablo Picasso einlud, werden legendär. Jana Revedin erzählt mitreissend von den Schicksalsjahren Venedigs – und ihrer eigenen Familie.
Fazit: ein unspektakuläres Buch, für Leute die gerne lesen über „who is who“. Mich hat es etwas gelangweilt, zum Ende hin etwas spannender.
5.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Andersland *
von Regula Portillo, 272 S
Eine scharfsinnige Erkundung des heutigen Amerikas und der Traumata von Rassismus und Ungleichheit, die nach wie vor unsere Welt bewegen - erzählt von einer neuen aufregenden Stimme der Weltliteratur.
Tobias verzweifelt beinahe am Tod seines Bruders und dem Abschied von Matilda. Doch er findet Wege, seine Wut in politisches Engagement zu verwandeln und auch über die Distanz die Erinnerung an seine Nichte wachzuhalten.
In Mexiko erwartet Matilda ein ganz neues Leben in liebevoller Umgebung, in der aber kein Platz für ihre Vergangenheit ist. Matilda erfindet sich immer wieder neu, übersteht Verluste und Umbrüche. Nach der Geburt ihres Sohnes kann sie sich nicht länger vor ihrer Vergangenheit verschliessen und bricht auf, um Antworten auf die vielen offenen Fragen in ihrem Leben zu finden.
Fazit: noch nie habe ich ein Buch gelesen indem über die Gefühle, wie Trauer, Einsamkeit aber auch Glück von Erwachsenen und Kindern so einfühlsam und ohne Kitsch geschrieben wurde.
4.
Kanadische Literatur 🇨🇦
Das Gewicht von Schnee *
von Christian Guay-Poliquin, 288 S
Ein entlegenes kanadisches Dorf, das nach einem landesweiten Stromausfall im Schnee versinkt. Zwei vom Zufall unter einem Dach zusammengezwungene Männer, von denen der eine nach einem schweren Autounfall ans Bett gefesselt ist. Sie sind Gefangene der Kälte, des Hungers und des Schnees, aus dem es kein Entkommen gibt. In diesem von der Natur verhängten Lockdown kommt es zum dramatischen Ringen des menschlichen Überlebenswillens mit der stillen Macht der Natur. --- Lieblingsbuch des frankophonen Buchhandels 2019 ---
Fazit: in diesem Buch gibt es unglaublich viel Schneefall und Stille und doch wird es nie langweilig.
3.
Amerikanische Literatur 🇺🇸
Das Leben, natürlich *
von Elizabeth Strout, 325 S
In einer Kleinstadt in Maine zu leben, mag romantisch klingen, aber die Wirklichkeit sieht meist anders aus. Die Brüder Jim und Bob Burgess sind deswegen so bald wie möglich nach New York gezogen. Als ihre Schwester Susan, die zu Hause geblieben ist, sie um Hilfe bittet, weil ihr 19-jähriger Sohn sich in ernste Schwierigkeiten gebracht hat, kehren ihre Brüder widerstrebend in die Heimatstadt zurück. Mit ungeahnter Macht holt sie dort jedoch die Vergangenheit wieder ein … Eine aufwühlende Familiengeschichte, vollkommen unsentimental und dabei tief berührend – eine echte Strout eben.
Fazit: ein älteres aber gutes Buch von E. Strout, ganz in ihrem speziellen Stiel, nichts für Ungeduldige.
2.
Schwedische Literatur 🇸🇪
Totalschaden *
von Helena Zweigbergk, 352 S
Mit leichter Hand, scharfem Blick und feiner Ironie erzählt Helena von Zweigbergk von den heiteren, aber auch gefährlichen Doppelbödigkeiten einer Ehe. Seit langem sind Agneta und Xavier verheiratet, die Kinder sind ausgezogen und haben eine zuweilen bedrückende Leere hinterlassen. Streitereien und Beziehungskämpfe haben die beiden längst alle ausgetragen, die Vergangenheit lassen sie Vergangenheit sein. Führen sie nicht eigentlich ein ziemlich gutes Leben, voller Bequemlichkeit und gegenseitiger Toleranz? Doch so unspektakulär die kleinen ehelichen Scharmützel anmuten, unter der Oberfläche brodelt es. Beiläufig und kompromisslos – beste Unterhaltung mit Substanz.
Fazit: was für ein Roman! Zuerst dachte ich mir, will ich mich durch dieses unterschwellige Ehegezänk weiter durchlesen oder gleich abbrechen. Es ist gut habe ich weitergelesen, der Roman nimmt bald an Fahrt auf und man kann ihn bald nicht mehr beiseite legen.
1.
Schweizer Literatur 🇨🇭
Das Gewicht der Worte
Pascal Mercier. 576 D
„Jetzt, da er wieder eine Zukunft hatte, wollte er verschwenderisch mit seiner Zeit umgehen.“ – Der neue Roman von Pascal Mercier, dem Autor des Bestsellers „Nachtzug nach Lissabon“.
Seit seiner Kindheit ist Simon Leyland von Sprachen fasziniert. Gegen den Willen seiner Eltern wird er Übersetzer und verfolgt unbeirrt das Ziel, alle Sprachen zu lernen, die rund um das Mittelmeer gesprochen werden. Von London folgt er seiner Frau Livia nach Triest, wo sie einen Verlag geerbt hat. In der Stadt bedeutender Literaten glaubt er den idealen Ort für seine Arbeit gefunden zu haben – bis ihn ein ärztlicher Irrtum aus der Bahn wirft. Doch dann erweist sich die vermeintliche Katastrophe als Wendepunkt, an dem er sein Leben noch einmal völlig neu einrichten kann. Wieder ist Pascal Mercier ein philosophischer Roman gelungen, bewegend.
Fazit: für dieses Buch muss man sich sooo viel Zeit nehmen, aber es lohnt sich!